Gauklerbrunnen im Stadtgarten

Kunst im öffentlichen Raum

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): zielske photographie

Künstler: Friedrich Bagdons / Jan Bormann

Titel: Eiserner Reinoldus

„Tretet heran, Kind, Weib und Mann, wer nur den Hammer schwingen kann! Stahl ist bereit! Schafft mir ein Kleid! Wappnet mich stählern in stählerner Zeit.“ – Der „Eiserne Reinoldus“ ist eine Nagelfigur aus dem Ersten Weltkrieg. Gerüstet mit Harnisch, Schwert und Schild stand der Dortmunder Stadtpatron 1915-43 in der Arkade des Alten Rathauses. Im Auftrag der Dortmunder Fleischerinnung rekonstruierte Jan Bormann 1976 die Figur. Sie wurde im Foyer des Alten Stadthauses aufgestellt. UG

Standort:
Do-Mitte, Friedensplatz, 44135 Dortmund, im Foyer des Alten Stadthauses
Jahr:
1915, 1976 (Rekonstruktion, Neuaufstellung)
Beschriftung:
monogammiert und datiert; Tafel: „Reinoldus/ Sinnbild des mittelaterlichen Schutzpatrons/ der Stadt Dortmund/ wurde von der Fleischer-Innung Dortmund/ anlässlichlich ihres 100-jährigen Bestehens/ im Jahre 1976 wieder erstellt.“; Rückseitig Stifterplaketten
Technik/Material:
Holz, Nägel
Höhe:
ca. 3 m
Kunstwerknr.:
44135-016
Reinoldusfigur
Reinoldusfigur

Grabenkrieg, Gaskrieg, Luftkrieg, Seekrieg – Allein das Deutsche Reich musste während des Ersten Weltkriegs zwei Millionen gefallene Soldaten beklagen. Ungeahnt groß war die Not der Kriegswitwen und Waisen, ein Heer von Kriegskrüppeln füllte bald die Straßen. Dennoch blieb die Kriegseuphorie dank der Propaganda ungebrochen. In einem patriotischen Akt wurden in Deutschland und in Österreich seit 1915 zur Stärkung der Heimatfront und zur Unterstützung der Kriegesopfer Holzfiguren, -bilder, -bretter, -kreuze, -säulen und -schilder aufgestellt. Gegen eine kleinere oder größere Spende konnte ein Nagel aus Eisen, Bronze, Silber oder Gold erworben und in das hölzerne Objekt geschlagen werden. Der „Eiserne Hindenburg“ in Berlin, der „Eiserne Heinrich“ in Braunschweig und „Dä kölsche Boor en Iser“ in Köln sind prägnante Beispiele dieser Kriegsnagelungen. Friedrich Bagdons entwarf 1915 den „Eisernen Schmied“ für Hagen und den Eisernen Reinoldus für Dortmund. Der „Eiserne Reinoldus“ war vom Geheimen Kommerzienrat Josef Cremer gestiftet worden. Bagdons hatte seine Arbeitsleistung quasi als erste Reinoldusspende nicht in Rechnung gestellt. Die 3 Meter hohe und 20 Zentner schwere Figur wurde am 26. September 1915 nach einem Festgottesdienst in der Reinoldikirche feierlich enthüllt. Es erklang das Weihelied „Der Eiserne Reinoldus“ von August Clod. Frau Oberbürgermeister Eichhoff, Mitglied des Arbeitsauschusses „Eiserner Reinoldus von Dortmund“, trieb den ersten Nagel in die Figur. Ihr folgten Bürger und Bürgerinnen der Stadt. 1917 war die Figur vollständig „benagelt“. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg vollkommen zerstört. Die Benagelung der Replik geschah 1976 zu Gunsten der Kinderferienparty in der Westfalenhalle und des Fördervereins Altes Rathaus. UG

Kunst und Künstler der Heimat, in: Die Heimat. Monatsschrift für Land, Volk und Kunst in Westfalen und am Niederrhein, 10. Jg., September-Heft 1928, Nr. 9, Dortmund 1928, S. 288; Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts, Leipzig 1953, Bd.1, S. 95; Anonym: Seine Statuen zieren noch heute an vielen Stellen das Stadtbild. Vor 50 Jahren starb Professor Friedrich Bagdons, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Nr. 56, 7.März 1987; Anonym: Er schuf das Denkmal von Hindenburg in Tannenberg, in: Ruhr-Nachrichten, Nr. 56, 7.März 1987; Anonym: Kunsthistoriker auf den Spuren des Bildhauers Fritz Bagdons, in: Westfälische Rundschau, Nr. 72, 26.März 1991; Friedrich Bagdons (1878-1937). Eine Bildhauerkarriere vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus, Uwe Fleckner und Jürgen Zänker (Hg.), Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund, Ostfildern-Ruit 1993, S. 7-19.; http://www.derwesten.de/wr/staedte/dortmund/monumentale-spuren-eines-umstrittenen-bildhauers-id1342360.html [Abruf: 20.03.2014] (Nadine Albach: Monumentale Spuren eines umstrittenen Bildhauers, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 6.August 2008) // Westfälische Rundschau, 16.8.1980; Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 16.8.1980; Dortmunder Gruppe / Dortmunder Künstlerbund (Hg.): 25 Jahre Dortmunder Gruppe, Dortmunder Künstlerbund. Eine Dokumentation, Bönen 1981, S. 50ff; Jan Bormann. Skulpturen, Erika A. Schäfer. Fotografien, hg. v. Oberstadtdirektor d. Stadt Herne, Alexander von Knorre, Jan Bormann und Erika A. Schäfer, Ausst.-Kat. Flottmannhallen Herne, Emschertalmuseum, Herne 1981; Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 12. Mai. 1982; Thomas Grygiel: Jan Bormann, in: Saur. Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 13, München, Leipzig 1996; S. 74; Jan Bormann. Metaphern. Arbeiten eines Bildhauers, Ausst.-Kat., Flottmann-Hallen, Herne 2009; Emschergenossenschaft (Hg.), Hans van Oyen: Die blaue Welle. Jan Bormann und das Neue Emschertal – Begegnung mit einem Künstler, Bönen 2014; http://www.schiffart.de/pdf/bormann_vita.pdf [Abruf: 11.03.2014]
Stadtarchiv Dortmund, Best. 3 -2206; Best. 5 - 503 Dortmunder Zeitung vom 27. September 1915; General-Anzeiger vom 27. September 1915; Tremonia vom 27. September 1915; Paul Fiebig: St. Reinoldus in Kult, Liturgie und Kunst, Dortmund 1956, S. 143; Anneliese Krömeke: Denkmäler, Gedenktafeln und symbolische Figuren im Raume Dortmund. Ein Beitrag zur Heimatkunde des Großstadtraumes Dortmund, Ms., o. O. 1960, S. 64; Öffentliche Denkmäler und Kunstobjekte in Dortmund. Eine Bestandsaufnahme unter Leitung von Jürgen Zänker, erarbeitet von Iris Boemke u. a., Dortmund 1990, Nr. 405, S. 312-313; Uwe Fleckner, Jürgen Zänker (Hg.): Friedrich Bagdons (1878-1937). Eine Bildhauerkarriere vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus, Stuttgart 1993, S. 48-49; Walter Hurck: Reinoldus. Dortmunds Stadtpatron, Dortmund 1984; Karin Schwarz: Bürgerliche Selbstdarstellung im Ruhrgebiet zwischen 1871 und 1918. Die kommunalen Denkmäler einer Industrieregion. Dissertation Universität Trier 2004, 2 Bde, hier: Bd. 2, Nr. 79, S. 79-80; Günther Högl: Der Eiserne Reinoldus, in: Günther Högl und Thomas Schilp (Hg.): Dortmund Archiv, o. O., o. J.; Felix Bergmann: Der Eiserne Reinoldus, in: Heimat Dortmund 2014, Heft 1, S. 17-19.
Der Bildhauer Friedrich Bagdons wurde am 7. August 1878 in Kowarren (ehem. Ostpreußen) geboren. Früh verwaist kam der Künstler zu einem Onkel nach Königsberg. Der Holzbildhauer zog ihn auf und lehrte ihn sein Handwerk. Von 1895-1902 studierte er an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin Bildhauerei bei den Professoren K. Taubert, F. Heinemann, L. Manzel und W. Haverkamp. Dank seines Talents und der Fürsprache der Professoren erhielt er zeitweise das Staatliche „Kronprinzen-Stipendium“. 1906 ging Bagdons nach Dortmund an die „Handwerker- und Kunstgewerbeschule“ und übernahm schon im Alter von 28 Jahren die Leitung der Bildhauerklasse. Friedel Dornberg und Kurt Doehler zählten zu seinen Schülern. 1913 heiratete er seine ehemalige Schülerin Margarete Bohnstengel, die Tochter des Hoesch- Betriebsdirektors Emil Bohnstengel. Von Bagdons zahlreichen öffentlichen und privaten Auftragsarbeiten sind in Dortmund heute circa 10 Werke erhalten. Seine bekannteste Dortmunder Plastik war ein Stück Kriegskunst - der „Eiserne Reinoldus“ von 1916. Von diesem „Nagelmann“ gibt es nur noch den Kopf. Ab 1924 war er Professor, Vorstand und Ausstellungsleiter in der „Vereinigung Westfälischer Künstler und Kunstfreunde“ in Dortmund. Wohl wegen seiner Kunstauffassung und den Kontakten zu modernen Künstlern bekam Bagdons trotz seiner deutschnationalen Tendenzen 1933 Berufs- und Lehrverbot. Mit einer Hitler-Büste konnte er sich rehabilitieren. Das Disziplinarverfahren wurde 1934 aufgehoben. Weitere Büsten wie die von Kaiser Wilhelm II, Paul von Hindenburg und Friedrich Ebert bezeugen seine herausragenden Fähigkeiten als Porträtist. Friedrich Bagdons Gesamtwerk umfasst kunstgewerbliche Gebrauchsgegenstände, monumentale Plastiken, wie Denkmäler, Bauplastiken, Grabmäler und figürliche Plastiken. Mit der Zeit wandelte sich sein Stil, vom Historismus und Jugendstil im Frühwerk über einen zeitgenössischen Expressionismus nach dem Ersten Weltkrieg hin zu einem Neoklassizismus mit Monumentaltendenzen zu Beginn des Dritten Reiches. Bis zu seinem Tod am 7. März 1937 war er stellvertretender Direktor der „Handwerker- und Kunstgewerbeschule“ in Dortmund und leitete über 30 Jahre lang die Bildhauerklasse. Neben Bernhard Hoetger und Benno Elkan war Friedrich Bagdons der bedeutendste Bildhauer des 20. Jahrhunderts in Dortmund. IF// Jan Bormann wurde 1939 in Dortmund geboren. Er machte zunächst eine Ausbildung als Steinbildhauer, die er mit der Meisterprüfung abschloss und arbeitete einige Jahre in dem Handwerksberuf. Von 1965 bis 1969 studierte er Bildhauerei an der Städtischen Höheren Fachschule für Gestaltung, der späteren Fachhochschule bei Professor Herbert Volwahsen. Nach seinem Studium übernahm er bis 1978 eine Lehrtätigkeit an der FH Dortmund. Seit den 1970er Jahren entstanden zahlreiche Arbeiten im öffentlichen Raum im In- und Ausland. Zudem waren und sind seine Arbeiten in Einzelausstellungen, Gruppenausstellungen und auf Bildhauersymposien zu sehen. Bormann verwendet vorwiegend Naturstein und Holz in seinen plastischen Arbeiten. In neueren Werken sind auch andere Materialien wie Stahl zu finden. Jan Bormann lebt und arbeitet mit der Künstlerin Erika A. Schäfer in Castrop-Rauxel. SR