Gauklerbrunnen im Stadtgarten

Kunst im öffentlichen Raum

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): zielske photographie

Künstler: Bernhard Hoetger

Titel: Frauentorso

Mit dem modernen Frauentorso knüpfte Hoetger 1936 stilistisch und inhaltlich an sein Schaffen nach der Jahrhundertwende an, das von den vielfältigen Kultureindrücken in der Stadt Paris geprägt und von Auguste Rodin und Aristide Maillol wesentlich beeinflusst war. UG

Standort:
Do-Hörde, Clarenberg 1, 44263 Dortmund
Jahr:
1936, Guss: 1981
Beschriftung:
Skulptur: Signatur "1936. B. Hoetger." und Stempel Schmäke Düsseldorf; Tafel: "'Frauentorso' / Bronze-Skulptur (1927 sic!) / von Bernhard Hoetger / geb. am 4.5.1874 in Hörde / Guss: Schmäke, Düsseldorf, 1984"
Technik/Material:
Skulptur: Bronze; Sockel: Ziegel
Höhe:
Plastik: 1,02 m; Sockel: 0,8 m
Breite:
Plastik: 0,83 m; Sockel: 0,8 m
Kunstwerknr.:
44263-015
Frauentorso (Bernhard Hoetger)
Bild: Jürgen Spiler
Frauentorso (Bernhard Hoetger)
Bild: Jürgen Spiler

„Es beginnt Sehnsucht und Erfüllung zusammenzufließen (...) Denn gerade das, was nur gefühlt und nicht gemacht wurde, ist der vollkommenste Torso. (...) Die Abschnitte der Oberarme und der Beine sind für den Bildhauer eines der schwersten Probleme, und auch diese Lösung wird den Künstler stets zu neuer Tätigkeit anspornen. So kommt der Künstler gerade im Torso zur höheren Ästhetik.“ (Bernhard Hoetger, 1943) - Der Torso, die plastische Darstellung des menschlichen Körpers ohne Gliedmaßen, spielte in Hoetgers Schaffen eine große Rolle. Sein erster Torso soll die Bewerbungsarbeit für die Aufnahme an der Düsseldorfer Kunstakademie gewesen sein. Unter dem Eindruck der Arbeiten von Auguste Rodin, der den Torso zu einem eigenständigen Motiv der Bildhauerkunst erhoben hatte, entstand Hoetgers „Weiblicher Torso, 1904“ in Paris. Eine Marmorfassung des „Elberfelder Torso, 1905“ wurde von Freiherr August von der Heydt für das Städtische Museum Elberfeld (heute: Von der Heydt – Museum, Wuppertal) erworben. Dies markiert den Beginn der Beziehung zu einem seiner wichtigsten Mäzene. Der „Darmstädter Torso, 1909“, weit mehr eine Halbfigur als ein Torso, steht am Anfang von Hoetgers Tätigkeit an der Darmstädter Mathildenhöhe, wohin ihn Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein 1909 berufen hatte. Lange Zeit war der Torso kein Thema, bis dann Hoetger um 1927 einen „Großen weiblichen Torso“ in Bronze schuf, der sich heute in den Museen Böttcherstraße, Bremen, befindet. Er weist große Ähnlichkeiten zum Hörder Torso auf: Hier wie dort ragt der Akt schräg empor, beim Hörder Torso sind allerdings Arm- und Beinansätze stärker ausgebildet, und über den rechten Beinstumpf und das Gesäß ist zudem ein Tuch drapiert. Die hellenistische „Venus von Milo, 100 v. Chr.“ im Pariser Louvre mag als Vorbild für beide Torsi gedient haben. UG

Carl Emil Uphoff: Bernhard Hoetger, Leipzig 1919; Albert Theile: Bernhard Hoetger. Leben und Werk. Eine Übersicht, in: Wilhelm Brockpähler: Hörde. Ein Heimatbuch für die Stadt und ihre Umgebung, Hörde 1928, S. 303-310; Albert Theile (Hg.): Bernhard Hoetger. Bildhauer, Bremen 1930; Albert Theile: Bernhard Hoetger, Recklinghausen 1960; Suse Drost: Bernhard Hoetger, Bremen 1974; Dieter Golücke: Bernhard Hoetger. Bildhauer, Maler, Baukünstler, Designer, Worpswede 1984; Walter Edmund Saal: Bernhard Hoetger. Ein Architekt des norddeutschen Expressionismus, Diss. Bonn 1989; Eugen Thiemann: Hoetger, Worpswede 1990; Bernhard Hoetger. Skulptur, Malerei, Design, Architektur, hg. v. Maria Anczykowski. Ausst.-Kat. Kunstsammlungen Böttcherstraße Bremen, Bremen 1998; Willi Garth: Bernhard Hoetger - ein unstetes Genie aus Hörde, in: Echo/Süd-Zeitung, 29. August 2001; Sent M’Ahesa tanzt in Hoerde, Ausst.-Kat. der Bezirksverwaltungsstelle Dortmund-Hörde, Dortmund 2008.
Bernhard Hoetger 1874-1949. Sein Leben und Schaffen, hg. v. Ludwig Roselius d. J., Bremen 1974, Nr. 115 (Datierung: 1927); Anonym: Hoetgers „Frauentorso“ für den Clarennerg, in: Ruhr-Nachrichten, 30. August 1984; Öffentliche Denkmäler und Kunstobjekte in Dortmund. Eine Bestandsaufnahme unter Leitung von Jürgen Zänker, erarbeitet von Iris Boemke u. a., Dortmund 1990, Nr. 266, S. 217 (Datierung: 1927); Liesbeth Jans: Verlegenheit oder höhere Ästhetik? Die Torsi von Bernhard Hoetger, in: Bernhard Hoetger. Skulptur, Malerei, Design, Architektur, hg. v. Maria Anczykowski. Ausst.-Kat. Kunstsammlungen Böttcherstraße Bremen, Bremen 1998, S. 18-29, hier: S. 27.
Bernhard Hoetger (1874-1949), eigentlich Bernard Hugo Hötger, Sohn eines Schneidermeisters aus Hörde, arbeitete zunächst als Steinmetz, bevor er 1898 an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Karl Janssen Bildhauerei studierte. 1900-1905 lebte er in Paris, wo er unter anderem Auguste Rodin und Paula Modersohn-Becker kennenlernte. Seit 1908 zählte Bankier Freiherr August von der Heydt, Elberfeld, zu seinen wichtigsten Auftraggebern. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein berief ihn 1911 an die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt und ernannte ihn zum Professor.1913 siedelte Hoetger nach Fischerhude und 1914 nach Worpswede um, wo er unter anderem das Haus „Kaffee WINUWUK“ (1921/23) realisierte. 1917-1919 arbeitete er vornehmlich für den Keksfabrikanten Hermann Bahlsen, Hannover. 1919 trat er dem „Arbeitsrat für Kunst“ und der „Novembergruppe“ bei. Der Bremer Kaffeemagnat Ludwig Roselius zählte ab 1923 zu seinen Förderern. In seinem Auftrag realisierte Hoetger das „Paula-Becker-Modersohn-Haus“ (1926/27) und das „Haus Atlantis“ (1930/31) in der Bremer Böttcherstraße. 1934 forderte der Völkische Beobachter den Abriss des Hauses Atlantis. Dennoch trat Hoetger, der selbst nordisch-völkische Ideen vertrat, der NSDAP bei. 1938 wurde er allerdings schon wieder ausgeschlossen. 1933/34 wurden das Ebert-Denkmal in Dortmund sowie das Revolutionsdenkmal und die Figuren am Volkshaus in Bremen demontiert. 1937 beschlagnahmten die Nationalsozialisten im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ 14 Kunstwerke aus dem Besitz öffentlicher Sammlungen. Dennoch konnte er unter anderem für die Luftwaffenschule Greifswald arbeiten. Nachdem sein Wohnhaus in Berlin 1943 zerstört und er nach Niederbayern evakuiert worden war, zog er 1946 in die Schweiz nach Beatenberg bei Bern, wo er drei Jahre später starb. 1968 erhielt er gemeinsam mit seiner Frau Lee ein Grab auf dem Dortmunder Ostfriedhof. UG

Quelle: Golücke 1984, S. 72.