Gauklerbrunnen im Stadtgarten

Kunst im öffentlichen Raum

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): zielske photographie

Künstler: Theodor Nöker

Titel: Mahnmal an der Bartholomäuskirche

An vielen Stellen in Dortmund finden sich Orte der Erinnerung an Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft. An der Bartholomäuskirche in Do-Lütgendortmund befindet sich seit 1994 ein „unbequemes“ Denkmal von Theodor Nöker, ein eindrucksvolles Mahnmal gegen Krieg und Gewalt. Das Kriegerdenkmal von 1928/ 29 für die Gefallenen des 1. Weltkrieges wurde durch die nachträgliche Arbeit umgedeutet. Kriegsbeschädigungen von 1939/45 wurden vor Ort erhalten und dienen ebenfalls zur Mahnung.

Standort:
Do-Lütgendortmund, Theresenstraße 3 (Bartholomäuskirche), 44388 Dortmund
Jahr:
1994
Beschriftung:
Signatur: "NÖKER |92"; Inschrift: „DEN OPFER VON KRIEG UND GEWALT/ ZUM GEDÄCHTNIS,/ DEN LEBENDEN ZUR MAHNUNG/ DIE BÜRGER DIESER GEMEINDE IM JAHR 1994“; Beschilderung: „Historischer Ortskern Lütgendortmund Dieses Kriegerdenkmal/ Mahnmal ist ein Baudenkmal im Sinne des § 2,2 Denkmalschutzgesetz NRW. Denkmal-Liste Nr. A 0364. Baudenkmal Theresenstraße: Kriegerdenkmal und Mahnmal gegen Krieg und Gewalt. Das Kriegerdenkmal wurde 1928/ 29 von den Steinmetzen Strünk und Wenkler entworfen und in Sandstein ausgeführt. Sie integrierten die Gedenkstätte für die im Krieg 1914/18 Gefallenen des Amtsbezirks Lütgendortmund in die Kirchenhofmauer der Bartholomäus-Kirche. Die Inschrift lautet: IHR ANDENKEN ERLISCHT NICHT - IHR NAME WIRD WIEDERHOLT VON GESCHLECHT ZU GESCHLECHT (nur noch teilweise lesbar). Mittig ragen drei bearbeitete Steinplatten aus der Kirchhofmauer: Die obere Platte zeigt als Relief eine Gruppe marschierender Soldaten. Die mittlere Platte trägt den Schriftzug „UNSEREN HELDEN 1914-1918“. Die untere Platte zeigt als Relief einen im offenen Sarg aufgebahrten Soldaten. Beidseitig dieser Darstellungen sind die Namen der Gefallenen in 24 Sandstein-Quader gemeißelt. Neben starken Schäden durch Verwitterung entstanden größere Beschädigungen durch Granatsplitter und Gewehrgeschosse während des Krieges 1939/45. Anfang der 1990er Jahre entstand der Gedanke, dieses spezielle Kriegerdenkmal in ein allgemeines Mahnmal für Opfer von Krieg und Gewalt umzuwidmen. In einem öffentlich ausgeschriebenen Künstler-Wettbewerb erhielt der Entwurf des Lütgendortmunder Bildhauers Theodor Nöker die Zustimmung. Seine 1994 geschaffene und installierte plastische Gestaltung zeigt fünf bronzene Elemente (übergroße Stacheldrahtmotive). Sie werden von sieben wuchtigen steinernen Pylonen kraftvoll gehalten. Die Großplastik ist ein Bronzeguss (80% Kupfer, 20% Zinn). Sie wurde nach der von Nöker erstellten Holzform in einem technisch aufwändigen Verfahren in Süddeutschland gegossen. Am jährlichen Volkstrauertag findet hier eine Gedenkfeier statt. Kirchen, Organisationen, Vereine und Bürger gedenken der Opfer der Weltkriege und der Opfer von Gewalt. Stadtbezirksmarketing Lütgendortmund, 2012.“
Technik/Material:
Bronze, Beton
Höhe:
Betonwände: 1,2 m; Draht: 1,1 m; Inschrifttafel: 0,34 m
Breite:
Betonwände: 0,3 m; Draht: 1,65 m; Inschrifttafel: 1,1 m
Kunstwerknr.:
44388-011
Mahnmal
Mahnmal

Mit einem überlebensgroßen, bronzenen Stacheldraht und einer Inschrift gestaltete der Dortmunder Bildhauer Theodor Nöker das Kriegerdenkmal zu einem Mahnmal um. Eine Bronzeplatte im Boden weist auf die Sinngebung des Mahnmals hin „Den Opfern von Krieg und Gewalt zum Gedächtnis, den Lebenden zur Mahnung“ und lässt aus ehemaliger Heldenverehrung einen mahnenden Trauergestus werden. Gehalten werden die fünf vollplastischen, stilisierten Stacheldrahtelemente von sieben wuchtigen steinernen Pylonen. Sie grenzen das Areal zur Straßenseite hin ab. Der überdimensionale Stahldraht bringt die Greul des Krieges zum Ausdruck und ist als Symbol für Krieg und Gewalt zu interpretieren. Das Kunstwerk ist signiert und datiert mit „NÖKER |92“. Die Großplastik ist ein Bronzeguss, der nach einer vom Bildhauer gestalteten Holzform in Süddeutschland gegossen wurde. Bereits 1954 engagierten sich die Lütgendortmunder Vereine für eine Neugestaltung des Denkmals. Es folgte eine jahrzehntelange Suche nach einem geeigneten Standort. Verschiedene wurde in Erwägung gezogen und wieder verworfen. Anfang der 1990er Jahre entstand die Idee das Kriegsdenkmal in ein Mahnmal umzuwandeln. In einem öffentlich ausgeschriebenen Künstler-Wettbewerb wurde Theodor Nökers Entwurf vom Mahnmalausschuss unter Leitung von Architekt Karl Pöting ausgewählt. Jährlich findet am Volkstrauertag eine Gedenkfeier statt um der Opfer der Weltkriege und der Opfer von Gewalt zu gedenken. IF

Roland Altmann u. a.: 25 Jahre Dortmunder Gruppe, Dortmunder Künstlerbund. Eine Dokumentation, Dortmund 1980, S. 152-156.; Tayfun Belgin: Dortmunder Künstlerverzeichnis, Dortmund 1997, S. 105; http://wkd-kunst.de/wp-content/uploads/2020/02/2015_phase-2-wkd-katalog-zur-ausstellung.pdf[Abruf:14.1.2021] (Silvia Schmidt-Bauer: WKD: Phase 2, in: Ausst.-Kat. des Westfälischen Künstlerbundes Dortmund, 2015, S. 8.); Matthias vom Büchel: Theodor Nöker wird fehlen, aber seine Werke bleiben, in: Westfälische Rundschau, 7. März 2019.
Inschrift am Baudenkmal vom Stadtbezirksmarketing Lütgendortmund, 2012.; Stadt Dortmund, Denkmalbehörde, Leitender städt. Baudirektor Ludger Wilde (Hg.): Tag des offenen Denkmals. Unbequeme Denkmale?, Dortmund 2013, S. 67.; Matthias vom Büchel: Theodor Nöker wird fehlen, aber seine Werke bleiben, in: Westfälische Rundschau, 7. März 2019.; https://www.in-stadtmagazine.de/luedo/vom-ehrenmal-zum-mahnmal-von-der-heldenverehrung-zur-gedenkstaette-fuer-die-opfer-80554[Abruf:14.1.2021] Wilhelm Mohrenstecher: Vom „Ehrenmal“ zum Mahnmal – von der Heldenverehrung zur Gedenkstätte für die Opfer, in: IN-StadtMagazine (SK), 16. November 2019.
Der Bildhauer Theodor Nöker wurde 1929 in Dortmund geboren. Er absolvierte von 1944-46 eine Schmiede- und Schlosserlehre im väterlichen Betrieb, später übernahm er sogar die Schmiedewerkstatt in der er seine Kunst ausführen konnte. 1951 bis 1957 holte er sein Abitur am Castrop-Rauxeler Gymnasium nach und begann eine Ausbildung zum Kunst- und Werkerzieher an der Kunstakademie Düsseldorf, ein Biologiestudium in Köln folgte. Nach dem Zweiten Staatsexamen 1958 war er als Kunsterzieher und Biologielehrer an Gymnasien in Rheine und dann in Dortmund tätig. Ab 1970 war er Pädagogischer Fachleiter am Helene-Lange-Gymnasium in Dortmund. 1977 übernahm er zeitweilige Unterrichtsaufträge an der Pädagogischen Hochschule Ruhr im Fachbereich Kunst. Theodor Nöker hatte u.a. Ausstellungen in der Galerie Küstermann, Bensberg (1969), 1971 in der Stadthaus Galerie Dortmund und 1972 im Informationszentrum Ruhr in Bochum. Erst ab 1992 war er als freischaffender Künstler tätig. Seit 1972 war Theodor Nöker Mitglied im Dortmunder Künstlerbund, infolgedessen war er 2012 bei der gruppenübergreifenden „Big Bang“ Ausstellung in der BIG Gallery in Dortmund vertreten. Seine Wandobjekte „burgess shale“ und „fasciculum“ (beide von 2011) „greifen industriegeschichtliche Aspekte der Region aber auch entlegener kulturhistorischer Stätten auf“ (Silvia Schmidt-Bauer) und waren bei der zweiten Ausstellung des WKD „Phase 2“ in der BIG Gallery 2015 zu sehen. Werke von Theodor Nöker im öffentlichen Raum Dortmunds sind 2 Sonnenuhren, eine an der Lieberfeld-Grundschule 1972 und 1979 am Immanuel-Kant-Gymnasium, eine Beteiligung am Dortmunder Kunstkalender 1984 und das aufsehenerregende Mahnmal an der Bartholomäus-Kirche 1994 sowie eine Gedenktafel für den ersten Lütgendortmunder (2005). Die „Y-Plastik“, eine Gemeinschaftsarbeit mit Andreas Knappe und Ulrich Schürmann, entstand 1973 aufgrund des Wettbewerbes „Kunst am Bau“ an der Geschwister-Scholl-Schule. Viele Grafiken, Skizzen und Zeichnungen aus dem Bergbaualltag, den er selbst aus der Arbeit im Bergwerk in den Semesterferien kannte, runden sein Œuvre ab. Theodor Nöker ist 2019 in Dortmund verstorben. IF

Quelle: Roland Altmann u. a.: 25 Jahre Dortmunder Gruppe, Dortmunder Künstlerbund. Eine Dokumentation, Dortmund 1980, S. 152.; Tayfun Belgin: Dortmunder Künstlerverzeichnis, Dortmund 1997, S. 105; Matthias vom Büchel: Theodor Nöker wird fehlen, aber seine Werke bleiben, in: Westfälische Rundschau, 7. März 2019Stadt Dortmund, Denkmalbehörde, Leitender städt. Baudirektor Ludger Wilde (Hg.): Tag des offenen Denkmals. Unbequeme Denkmale?, Dortmund 2013, S.67;