Gauklerbrunnen im Stadtgarten

Kunst im öffentlichen Raum

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): zielske photographie

Künstler: Friedrich Bagdons

Titel: o. T. (Symbolische Männer und Frauengestalt)

Die überlebensgroßen Leid- und Hoffnungsfiguren am Eingang des Museums für Kunst und Kulturgeschichte konzipierte Friedrich Bagdons 1923 für den Neubau der Stadtsparkasse als Paare. Sein expressiver Bauschmuck bringt die unruhigen Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg zum Ausdruck.

Standort:
Do-Mitte, Hansastraße 3, Eingang Museum für Kunst und Kulturgeschichte, 44137 Dortmund
Jahr:
1923
Beschriftung:
Keine separate Beschriftung.
Technik/Material:
Kalkstein / Muschelkalk
Höhe:
ca. 3,5 m
Breite:
ca. 1 m
Kunstwerknr.:
44137-049
Symbolische Männer- und Frauenfigur
Symbolische Männer- und Frauenfigur

Der repräsentative Neubau der Dortmunder Stadtsparkasse von Hugo Steinbach sollte den Willen zur Überwindung der Krisenzeit nach Kriegsende und Revolution demonstrieren, auch mittels der ausdrucksstarken, allegorischen Figurenpaare und der Sinnsprüche darüber. Friedrich Bagdons gestaltete den figürlichen Bauschmuck 1923 für die beiden Nischen neben dem Haupteingang. Die expressiven, überlängten Figuren sind durch Inschriften als Leid- und Hoffnungsfiguren zu erkennen, die Zusammenbruch und Neubeginn im Inflationsjahr ausdrücken. Sie sind im Stil des Expressionismus ausgeführt. Stadtbaurat Kullrich schrieb 1925 über Bagdons, er habe „einen ergreifenden plastischen Ausdruck von herber Schönheit gefunden und seinen Figuren aufgeprägt.“ (Neue Baukunst). Beide Gruppen flankieren pfeilartig spitz aufragende Pylone, deren architektonischer Charakter die expressive Wirkung noch unterstreicht. „Wuchtend und weh wie ein Alp lastet die Not auf dem Volke“ steht über der noch erhaltenen Figurengruppe aus Muschelkalk, die durch eine gebeugte Körperhaltung die Last veranschaulicht. Ein Mann und eine Frau, in lange, kunstvolle Stoffbahnen gekleidet, lehnen sich Halt suchend, fast wie gotische Gewändefiguren, eng an den sie trennenden Pfeiler. Beide strecken in spiegelbildlichem Standmotiv jeweils ein Standbein nach vorne und auch die Neigung der Oberkörper ist gegengleich. Sie wirken kraftlos, enttäuscht und symbolisieren wohl das notleidende Volk. Die über drei Meter hohen Figuren wurden an den Neubau der Stadtsparkasse am Freistuhl versetzt, wurden aber als Geschenk zur Erweiterung des Museums für Kunst und Kulturgeschichte an den ursprünglichen Ort zurück gebracht. In der anderen Nische mit der Überschrift „strebt ein jegliches Glied steigt auch das Ganze empor“ stand einst ein energisches Paar, welches die Hoffnung verkörperte und sich aus eigener Kraft aus der Not erheben sollte. Die Figuren sind verloren. IF

Kunst und Künstler der Heimat, in: Die Heimat. Monatsschrift für Land, Volk und Kunst in Westfalen und am Niederrhein, 10.Jg., H. Nr.9, Dortmund 1928, S. 288.; Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts, Leipzig 1953, Bd.1, S. 95.; Anonym: Seine Statuen zieren noch heute an vielen Stellen das Stadtbild. Vor 50 Jahren starb Professor Friedrich Bagdons, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Nr.56, 07.März 1987.; Anonym: Er schuf das Denkmal von Hindenburg in Tannenberg, in: Ruhr-Nachrichten, Nr.56, 07.März 1987.; Anonym: Kunsthistoriker auf den Spuren des Bildhauers Fritz Bagdons, in: Westfälische Rundschau, Nr.72, 26.März 1991.; Friedrich Bagdons (1878-1937). Eine Bildhauerkarriere vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus, Uwe Fleckner und Jürgen Zänker (Hg.), Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund, Ostfildern-Ruit 1993, S.7-19.; http://www.derwesten.de/wr/staedte/dortmund/monumentale-spuren-eines-umstrittenen-bildhauers-id1342360.html [Abruf: 03.12.2015] (Nadine Albach: Monumentale Spuren eines umstrittenen Bildhauers, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 6.August 2008.;)
Friedrich Kullrich: Die städtische Sparkasse zu Dortmund, in: Neue Baukunst, Sonderdruck, Berlin 1925, S.6f.; Friedrich Kullrich: Der Neubau der städtischen Sparkasse zu Dortmund, in: Deutsche Bauzeitung, 59.Jg., Nr. 45, 1925, S. 349-355, Abb. 15, 16.; Friedrich Kullrich: Die Sparkasse in Dortmund, in: Die Bauwelt 16/1925, S. 200-205.; Hans Magoley und Norbert Wörner: Architekturführer Dortmund, in: Architektur im Ruhrgebiet, Bd.1, Dortmund 1982, Nr.51.; Torkild Hinrichsen: Große Kunstführer, Bd.102 Dortmund, München 1982, S.43f.; Öffentliche Denkmäler und Kunstobjekte in Dortmund. Eine Bestandsaufnahme unter Leitung von Jürgen Zänker, erarbeitet von Iris Boemke u. a., Dortmund 1990, Nr. 185, S. 167.; Friedrich Bagdons (1878-1937). Eine Bildhauerkarriere vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus, Uwe Fleckner und Jürgen Zänker (Hg.), Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund, Dortmund 1993, S.12-15, S.64, Nr.33a/b.;
Der Bildhauer Friedrich Bagdons wurde am 7. August 1878 in Kowarren (ehem. Ostpreußen) geboren. Früh verwaist kam der Künstler zu einem Onkel nach Königsberg. Der Holzbildhauer zog ihn auf und lehrte ihn sein Handwerk. Von 1895-1902 studierte er an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin Bildhauerei bei den Professoren K. Taubert, F. Heinemann, L. Manzel und W. Haverkamp. Dank seines Talents und der Fürsprache der Professoren erhielt er zeitweise das Staatliche „Kronprinzen-Stipendium“. 1906 ging Bagdons nach Dortmund an die „Handwerker- und Kunstgewerbeschule“ und übernahm schon im Alter von 28 Jahren die Leitung der Bildhauerklasse. Friedel Dornberg und Kurt Doehler zählten zu seinen Schülern. 1913 heiratete er seine ehemalige Schülerin Margarete Bohnstengel, die Tochter des Hoesch- Betriebsdirektors Emil Bohnstengel. Von Bagdons zahlreichen öffentlichen und privaten Auftragsarbeiten sind in Dortmund heute circa 10 Werke erhalten. Seine bekannteste Dortmunder Plastik war ein Stück Kriegskunst - der „Eiserne Reinoldus“ von 1916. Von diesem „Nagelmann“ gibt es nur noch den Kopf. Ab 1924 war er Professor, Vorstand und Ausstellungsleiter in der „Vereinigung Westfälischer Künstler und Kunstfreunde“ in Dortmund. Wohl wegen seiner Kunstauffassung und den Kontakten zu modernen Künstlern bekam Bagdons trotz seiner deutschnationalen Tendenzen 1933 Berufs- und Lehrverbot. Mit einer Hitler-Büste konnte er sich rehabilitieren. Das Disziplinarverfahren wurde 1934 aufgehoben. Weitere Büsten wie die von Kaiser Wilhelm II, Paul von Hindenburg und Friedrich Ebert bezeugen seine herausragenden Fähigkeiten als Porträtist. Friedrich Bagdons Gesamtwerk umfasst kunstgewerbliche Gebrauchsgegenstände, monumentale Plastiken, wie Denkmäler, Bauplastiken, Grabmäler und figürliche Plastiken. Mit der Zeit wandelte sich sein Stil, vom Historismus und Jugendstil im Frühwerk über einen zeitgenössischen Expressionismus nach dem Ersten Weltkrieg hin zu einem Neoklassizismus mit Monumentaltendenzen zu Beginn des Dritten Reiches. Bis zu seinem Tod am 7. März 1937 war er stellvertretender Direktor der „Handwerker- und Kunstgewerbeschule“ in Dortmund und leitete über 30 Jahre lang die Bildhauerklasse. Neben Bernhard Hoetger und Benno Elkan war Friedrich Bagdons der bedeutendste Bildhauer des 20. Jahrhunderts in Dortmund. IF

Quelle: Neue Baukunst, Sonderdruck o. J. (1924) (F. Kullrich); Deutsche Bauzeitung 59.1925, Nr. 45, 6.6.1925, S. 349-355, Abb. 15, 16 (F. Kullrich); Die Bauwelt 16.1925, S. 200-205 (F. Kullrich); Vollmer 1953, S. 95 s.v. Friedrich Bagdons; Architekturführer Dortmund, Nr. 51; Hinrichsen S. 43f.; Kat. Bagdons 1993, Bd. 53, 33a/b