Gauklerbrunnen im Stadtgarten

Kunst im öffentlichen Raum

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): zielske photographie

Künstler: Künstler unbekannt

Titel: Femlinde mit Freistuhl

Freistuhl und Femlinde – der Ort mittelalterlicher Gerichtsbarkeit in Dortmund – haben als Denkmal die Jahrhunderte überdauert. Das ist bemerkenswert, denn ihr Standort hat mehrfach gewechselt. Der historische Tisch und die zugehörigen Bänke sind zudem nicht mehr vorhanden. Auch wurden neue Linden aus Ablegern der alten Femlinde gezogen und als Ersatz gepflanzt. Das heutige Denkmal im Schatten von vier Bäumen besteht aus einer Steinplatte auf zwei Betonsockeln. Der Tisch mit Adlerwappen der Stadt Dortmund trägt die Aufschrift „Freistuhl Dortmund hergestellt nach dem Freistuhl unter der alten Femlinde“. Er ist eine Nachbildung des historischen Objekts und stand seit 1905 im Westfalenpark. Nachdem der originale Freistuhl im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, sorgt er seit 1953 auf dem Vorplatz des Dortmunder Hauptbahnhofs für adäquaten Ersatz. Aufgrund städtebaulicher Maßnahmen musste auch er weitere Male den Standort wechseln. UG

Standort:
Do-Mitte, Freistuhl/Königswall, Grünfläche der Stadt- und Landesbibliothek, 44137 Dortmund
Jahr:
o. J., 1905 nachgebildet, nach 1998 neu aufgestellt
Beschriftung:
"Freistuhl Dortmund hergestellt nach dem Freistuhl unter der alten Femlinde".
Technik/Material:
Naturstein, Betonsockel
Höhe:
0,44 m
Breite:
1,4 m
Kunstwerknr.:
44137-042
Freistuhl
Freistuhl

Die mittelalterliche Gerichtsstätte hatte sich dreieinhalb Jahrhunderte auf dem „Königshofe von Dortmund“ befunden, bevor sie – laut Bericht des Dortmunder Chronisten Dietrich Westhoff aus dem Jahre 1545 – mehr an die Burgpforte verrückt worden war. Über ihr damaliges Aussehen schweigt Westhoff. Erst Johann Christoph Beurhaus gab in „Kurze historische Nachricht von der wahren Beschaffenheit der ehedem in Teutschland so bekannten Fehm- und Freygerichte“ (1742) nähere Informationen zu diesem besonderen Ort. Das „Freistuhlgericht“ fand unter freiem Himmel an einem etwas erhabenen Ort vor dem Burgtor im Königshofe statt. Dieser war mit einem steinernen Tisch unter zwei Linden ausgestattet. Hier saßen der Freigraf sowie weitere Personen. Beurhaus fügte der Publikation die Federzeichnung „Frei-Stuhl zu Dortmund“ bei. Sie zeigt zwei Linden und darunter einen Tisch mit dem Adler-Wappen der Stadt Dortmund. An der südlichen und westlichen Seite ist der Tisch von zusammenhängenden Bänken umgeben. Dieser Zustand überdauerte die Jahrhunderte. Aber ein Stahlstich von Carl Schlickum aus dem Jahre 1841 dokumentiert, dass längst eine der Linden abgestorben war. Als mit dem Bau der Köln-Mindener und Bergisch-Märkischen-Eisenbahnstrecken 1847 bzw. 1849 auch für Dortmund ein neues Zeitalter anbrach und der erste Dortmunder Bahnhof errichtet wurde, blieben Freistuhl und Femlinde zwar erhalten. Gelegen auf einer ummauerten Anhöhe, wurden sie aber durch den Schienenverlauf regelrecht „eingeklemmt“. Auch die noch erhaltene Linde entwickelte sich nicht zum Besten. Freimaurer holten sich Ableger, versandten gar einen Abkömmling nach New York. 1905 wurde eine Nachbildung des Freistuhls im Kaiser-Wilhelm-Hain, dem alten Teil des heutigen Westfalenparks, aufgestellt. Gestiftet hatte sie ein gewisser David Schumacher. Die „Loge zur alten Linde zu Dortmund“ schenkte einen Ableger der alten Femlinde. Dies sorgte dafür, dass auch noch heute die Erinnerung an den geschichtsträchtigen Ort in Dortmund erhalten bleibt. Denn als der Dortmunder Hauptbahnhof 1909/10 ein neues Gesicht und eine neue Zufahrtsstraße bekam, wurden auch Freistuhl und Femlinde verlegt. Baurat Friedrich Kullrich ließ am Königswall eine halbkreisförmige Bastion aus Sandsteinquadern errichten, auf dessen Mauer eine Sandsteinplatte mit dem städtischen Adler prangte. Inmitten der Bastion fand der originale Freistuhl einen neuen Platz. Eine Bronzetafel trug die Inschrift „Der Dortmunder Freistuhl stand von 1545 ab 40 m nördlich von der Mitte dieses Bauwerkes und wurde 1910 wegen des Baus der Bahnhofstraße an diese Stelle verlegt. Von den beiden Linden, die ihn einst beschattet hatten, war eine kurz vor 1840 abgestorben, die andere zerfiel 1910 bei der Verlegung. Daher wurde ein Sprössling dieser ‚Fehmlinde’ hierbei verpflanzt und ihm nach Westen zu wieder eine beigegeben.“ Die Bastion wurde allerdings während des Zweiten Weltkrieges beschädigt und 1953 zugunsten einer neuen Straße entfernt. Auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs östlich des Teiches wurde die Nachbildung aus dem Kaiser-Wilhelm-Hain ohne Bänke aufgestellt, 1959 die Femlinde mit einem Festakt symbolisch wiedereingepflanzt. Bedingt durch den U-Bahn-Bau 1979 und die Errichtung der neuen Stadt- und Landesbibliothek 1996/98 musste der Freistuhl wieder die Standorte wechseln. Heute steht er östlich der Bibliothek wenige Meter vor Einmündung der Straße „Freistuhl“ auf den Königswall. UG

Anneliese Krömeke: Denkmäler, Gedenktafeln und symbolische Figuren im Raume Dortmund. Ein Beitrag zur Heimatkunde des Großstadtraumes Dortmund. Staatsexamensarbeit Pädagogische Akademie Dortmund 1960 (Stadtarchiv Dortmund), S. 10-17; August Meininghaus: Unterm flüsternden Grün der (Fem)Linden, in: Heimat Dortmund 1987, H. 2, S. 28-30; Karl Neuhoff: Dortmund heute damals anno dazumal. Dortmund 1990, S. 92-93; Öffentliche Denkmäler und Kunstobjekte in Dortmund. Eine Bestandsaufnahme unter Leitung von Jürgen Zänker, erarbeitet von Iris Boemke u. a., Dortmund 1990, Nr. 1, S. 37; Gustav Luntowski, Günther Högl, Thomas Schilp, Norbert Reimann: Geschichte der Stadt Dortmund, hg. v. Stadtarchiv Dortmund, 1994, S. 118-121; Udo Steinmetz, Günther Högl: Dortmund. Ein verlorenes Stadtbild. Gudensberg-Gleichen 1994, S. 39.