Gauklerbrunnen im Stadtgarten

Kunst im öffentlichen Raum

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): zielske photographie

Künstler: Bernhard Hoetger

Titel: Lichtbringer, Grabstätte Bernhard und Helene Hoetger

Über dem Grab des Architekten, Bildhauers, Malers, Grafikers und Kunstgewerblers Bernhard Hoetger (1874-1949) und seiner Ehefrau Helene, geb. Haken (1880-1967) befindet sich ein Relief aus Steinguss. Es zeigt Erzengel Michael im Kampf mit einem mehrköpfigen Drachen (Offenbarung 12, 7-12). Das Werk ist eine Replik des vergoldeten Bronzereliefs „Der Lichtbringer“ (1936) über dem Eingang zur Bremer Böttcherstraße. UG

Standort:
Do-Mitte, Robert-Koch-Straße/Ostfriedhof (Feld 18), 44143 Dortmund
Jahr:
um 1936 (Relief) 1968 (Grabstätte)
Beschriftung:
Auf Bodenplatte unterhalb des Reliefs: "Bildhauer/ Bernhard/ Hoetger/ geboren in/ Dortmund/ gestorben in/ Interlaken/ 1874-1949 und/ Frau Helene"
Technik/Material:
Bronze, Stein
Höhe:
Insgesamt: 1,91 m; Relief: 1,47 m; Sockel je: 0,3 m
Breite:
Insgesamt: 1,6 m; Relief: 1,52 m; Sockel: 0,24 m
Kunstwerknr.:
44143-003
Grabmal Bernhard und Helene Hoetger
Grabmal Bernhard und Helene Hoetger
Grabmal Bernhard und Helene Hoetger
Grabmal Bernhard und Helene Hoetger

In der Weimarer Republik realisierte Hoetger im Auftrag von Ludwig Roselius, Inhaber der Firma Kaffee HAG, in der Bremer Böttcherstraße das „Paula-Becker-Modersohn-Haus“ (1926/27) und das „Haus Atlantis“ (1930/31). Das Bauensemble geriet ab 1933 in den Fokus der Nationalsozialisten. Adolf Hitler betonte 1936: "Der Nationalsozialismus lehnt diese Art von Böttcher-Straßen-Kultur schärfstens ab.“ Um einen Abriss zu verhindern, ließ Roselius die expressiv-abstrakte Eingangsfassade verändern und von Hoetger das goldfarbene Relief „Der Lichtbringer“ anbringen. Dann behauptete Roselius, es stelle den Sieg des Führers über die Mächte der Finsternis dar. Auch Hoetger, der 1934 der Auslandsorganisation der NSDAP beigetreten war, sah im „Lichtbringer“ einen Beweis für seine Linientreue. In einem Brief vom 16. September 1936 bemerkte er: „Damit glaubte ich nun endlich der Welt beweisen zu können, wie sehr ich unseren Führer und seine Taten verehre. Alles habe ich in dieses Relief gelegt und war voller Hoffnung. (...) Wie gern hätten wir auf das Relief die Jahreszahl 1933 eingeschnitten, wenn wir nicht befürchtet haben würden, man könne das als Konjunkturabsicht uns unterschieben.“ (Anczykowski 1998, S. 489) Roselius sandte Fotos des Kunstwerkes zur Reichskanzlei und hatte mit dieser Aktion Erfolg. Die Böttcherstraße sollte der Nachwelt erhalten bleiben, zunächst als vermeintlich „abschreckendes Beispiel“, heute als vielbesuchtes und beliebtes Touristenziel. Eine Replik des Lichtbringers ließ Hoetger an seinem Wohnhaus in Berlin-Frohnau anbringen. Sie überstand die Bombennächte des Zweiten Weltkriegs und wurde 1968 im Auftrag der Stadt Dortmund über der letzten Ruhestätte des Ehepaars auf dem Dortmunder Ostfriedhof aufgestellt. U.G.

Carl Emil Uphoff: Bernhard Hoetger, Leipzig 1919; Albert Theile: Bernhard Hoetger. Leben und Werk. Eine Übersicht, in: Wilhelm Brockpähler: Hörde. Ein Heimatbuch für die Stadt und ihre Umgebung, Hörde 1928, S. 303-310; Albert Theile (Hg.): Bernhard Hoetger. Bildhauer, Bremen 1930; Albert Theile: Bernhard Hoetger, Recklinghausen 1960; Suse Drost: Bernhard Hoetger, Bremen 1974; Dieter Golücke: Bernhard Hoetger. Bildhauer, Maler, Baukünstler, Designer, Worpswede 1984; Walter Edmund Saal: Bernhard Hoetger. Ein Architekt des norddeutschen Expressionismus, Diss. Bonn 1989; Eugen Thiemann: Hoetger, Worpswede 1990; Bernhard Hoetger. Skulptur, Malerei, Design, Architektur, hg. v. Maria Anczykowski. Ausst.-Kat. Kunstsammlungen Böttcherstraße Bremen, Bremen 1998; Willi Garth: Bernhard Hoetger - ein unstetes Genie aus Hörde, in: Echo/Süd-Zeitung, 29. August 2001; Sent M’Ahesa tanzt in Hoerde, Ausst.-Kat. der Bezirksverwaltungsstelle Dortmund-Hörde, Dortmund 2008.
Öffentliche Denkmäler und Kunstobjekte in Dortmund. Eine Bestandsaufnahme unter Leitung von Jürgen Zänker, erarbeitet von Iris Boemke u. a. Verbesserte und ergänzte Neuausgabe. Dortmund 1990, Nr. 120, S. 116; Ulrike Gärtner, In Sachen Bernhard Hoetger: Der Lichtbringer auf dem Ostfriedhof, in: Heimat Dortmund 2007, Heft 2, S. 60-62; Ulrike Gärtner, In Sachen Bernhard Hoetger: Der Lichtbringer auf dem Ostfriedhof, in: Sent M’Ahesa tanzt in Hoerde. Ausstellungskatalog der Bezirksverwaltungsstelle Dortmund-Hörde. Dortmund 2008, S. 45-49; Michael Lemken: Ein Ort (nicht nur) für Prominente - Der Ostfriedhof, in: Heimat Dortmund 2011, Heft 3, S. 24-27, hier: S. 26.
Bernhard Hoetger (1874-1949), eigentlich Bernard Hugo Hötger, Sohn eines Schneidermeisters aus Hörde, arbeitete zunächst als Steinmetz, bevor er 1898 an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Karl Janssen Bildhauerei studierte. 1900-1905 lebte er in Paris, wo er unter anderem Auguste Rodin und Paula Modersohn-Becker kennenlernte. Seit 1908 zählte Bankier Freiherr August von der Heydt, Elberfeld, zu seinen wichtigsten Auftraggebern. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein berief ihn 1911 an die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt und ernannte ihn zum Professor.1913 siedelte Hoetger nach Fischerhude und 1914 nach Worpswede um, wo er unter anderem das Haus „Kaffee WINUWUK“ (1921/23) realisierte. 1917-1919 arbeitete er vornehmlich für den Keksfabrikanten Hermann Bahlsen, Hannover. 1919 trat er dem „Arbeitsrat für Kunst“ und der „Novembergruppe“ bei. Der Bremer Kaffeemagnat Ludwig Roselius zählte ab 1923 zu seinen Förderern. In seinem Auftrag realisierte Hoetger das „Paula-Becker-Modersohn-Haus“ (1926/27) und das „Haus Atlantis“ (1930/31) in der Bremer Böttcherstraße. 1934 forderte der Völkische Beobachter den Abriss des Hauses Atlantis. Dennoch trat Hoetger, der selbst nordisch-völkische Ideen vertrat, der NSDAP bei. 1938 wurde er allerdings schon wieder ausgeschlossen. 1933/34 wurden das Ebert-Denkmal in Dortmund sowie das Revolutionsdenkmal und die Figuren am Volkshaus in Bremen demontiert. 1937 beschlagnahmten die Nationalsozialisten im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ 14 Kunstwerke aus dem Besitz öffentlicher Sammlungen. Dennoch konnte er unter anderem für die Luftwaffenschule Greifswald arbeiten. Nachdem sein Wohnhaus in Berlin 1943 zerstört und er nach Niederbayern evakuiert worden war, zog er 1946 in die Schweiz nach Beatenberg bei Bern, wo er drei Jahre später starb. 1968 erhielt er gemeinsam mit seiner Frau Lee ein Grab auf dem Dortmunder Ostfriedhof. UG

Quelle: Lt. Zänker: Golücke, S. 24, 197.