Gauklerbrunnen im Stadtgarten

Kunst im öffentlichen Raum

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): zielske photographie

Künstler: Friedrich Bagdons

Titel: o. T. (Sechs Reliefdarstellungen der Arbeit)

Zur Ausstattung des Verwaltungsgebäudes der damaligen Vereinigten Stahlwerke hat der bekannte Dortmunder Bildhauerprofessor Friedrich Bagdons 1920 sechs Darstellungen der Industriearbeit im Relief gestaltet. Das neoklassizistische Gebäude entstand zwischen 1916 und 1921 an der Rheinischen Straße 173 nach Entwürfen der Dortmunder Architekten Dietrich und Karl Schulze. Die Motive der Bauornamentik sind aus dem Bergbau und der Stahlindustrie und künden vom Wirkungsfeld und Selbstverständnis des Bauherrn, der Hüttenunion. Der klassische und zugleich moderne Stahlskelettbau verfügte über bauliche und technische Lösungen auf dem neusten Stand: variable Innenwände, internes Selbstwähl-Telefonnetz, zentral gesteuerte elektrische Uhren und Warmwasserheizung.

Standort:
Do-Mitte, Rheinische Straße 173, (ehem.Verwaltungsgebäude d.Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- u.Hütten A.G., Vereinigte Stahlwerke), 44147 Dortmund
Jahr:
um 1920
Beschriftung:
Keine Angabe
Technik/Material:
Solnhofer Kalkstein
Höhe:
je 0,80 m (inkl. Konsolenleiste)
Breite:
0,90 m
Kunstwerknr.:
44147-003
Sechs Reliefdarstellungen der Arbeit
Sechs Reliefdarstellungen der Arbeit

Abgestimmt auf die übrige Bauornamentik verweisen Friedrich Bagdons Reliefs aus Solnhofer Kalkstein in der Eingangshalle auf die Industriearbeit der Vereinigten Stahlwerke. Drei der kleinformatigen Reliefs ( je 0,80x 0,90x 0,15 Meter) widmen sich den Bergarbeitern und dem Bergbau. Die drei anderen Reliefs stellen Stahlarbeiter bei der Stahlerzeugung und –verarbeitung dar. Alle Männer sind in Vierer- oder Fünfergruppen arrangiert. „Themen und Stil dieser sehr hoch gearbeiteten Reliefs erinnern an Arbeiten des Belgiers Constantin Meunier um die Jahrhundertwende, die Arbeiter sind bei Bagdons jedoch stärker monumentalisiert und pathetisch heroisiert.“ ( Fleckner/ Zänker, S. 54.) Alle Beteiligten sind in heroischer Nacktheit dargestellt, so dass es fast humoristisch erscheint, dass diese „Nackten“ neben dem heißen Stahl ihre Schutzhelme keck schräg aufgesetzt haben. Aber auch eine Schlagwetterexplosion ist dargestellt. Bagdons zeigt seine Klaviatur der Akt-Darstellungen mit Vorder- und Rückansichten, er spielt damit und variiert sie virtuos. Vielleicht experimentierte Bagdons hier bereits mit dem Expressionismus, der drei Jahre später deutlich in seinem Œuvre zu fassen ist. Auch eine Nähe zu Benno Elkans Grabrelief „Todesgang“ auf dem Ostfriedhof (vgl. Nr. 44143-010) lässt sich erahnen, obschon Bagdons Männerakte wesentlich klobiger und jene von Elkan „klassischer“ erscheinen. Ab 1966 diente das monumentale Gebäude als Verwaltungsbau der Hoesch Stahl AG. Nach dem Ende der großen Bergbau-Ära beherbergte es bis 2011 das Versorgungsamt der Stadt Dortmund. Es ist eines der traditionsreichsten Häuser der Stadt und steht unter Denkmalschutz. 2012 wurde es von der Peach Property Group erworben, damit es in ein Novum Hotel umgebaut werden kann. IF

Kunst und Künstler der Heimat, in: Die Heimat. Monatsschrift für Land, Volk und Kunst in Westfalen und am Niederrhein, 10. Jg., September-Heft 1928, Nr. 9, Dortmund 1928, S. 288; Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts, Leipzig 1953, Bd.1, S. 95; Anonym: Seine Statuen zieren noch heute an vielen Stellen das Stadtbild. Vor 50 Jahren starb Professor Friedrich Bagdons, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Nr. 56, 7. März 1987; Anonym: Er schuf das Denkmal von Hindenburg in Tannenberg, in: Ruhr-Nachrichten, Nr. 56, 7. März 1987; Anonym: Kunsthistoriker auf den Spuren des Bildhauers Fritz Bagdons, in: Westfälische Rundschau, Nr. 72, 26. März 1991; Friedrich Bagdons (1878-1937). Eine Bildhauerkarriere vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus, Uwe Fleckner und Jürgen Zänker (Hg.), Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund, Ostfildern-Ruit 1993, S. 7-19; http://www.derwesten.de/wr/staedte/dortmund/monumentale-spuren-eines-umstrittenen-bildhauers-id1342360.html [Abruf: 20.03.2014] (Nadine Albach: Monumentale Spuren eines umstrittenen Bildhauers, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 6. August 2008)
Anonym: Friedrich Bagdons, in: Saur Allgemeines Künstlerlexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. Mitherausgegeben und begründet von Günter Meißner, München/Leipzig, Bd. 6, 1992, S. 270. Friedrich Bagdons (1878-1937). Eine Bildhauerkarriere vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus, Uwe Fleckner/Jürgen Zänker (Hg.), Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund, Dortmund 1993, S. 12, S. 16, S. 54. Sandra Heick: Ehemalige Hoesch-Zentrale wird zum Hotel umgebaut, in: Westfälische Rundschau, 12.07.2016.
Der Bildhauer Friedrich Bagdons wurde am 7. August 1878 in Kowarren (ehem. Ostpreußen) geboren. Früh verwaist kam der Künstler zu einem Onkel nach Königsberg. Der Holzbildhauer zog ihn auf und lehrte ihn sein Handwerk. Von 1895-1902 studierte er an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin Bildhauerei bei den Professoren K. Taubert, F. Heinemann, L. Manzel und W. Haverkamp. Dank seines Talents und der Fürsprache der Professoren erhielt er zeitweise das Staatliche „Kronprinzen-Stipendium“. 1906 ging Bagdons nach Dortmund an die „Handwerker- und Kunstgewerbeschule“ und übernahm schon im Alter von 28 Jahren die Leitung der Bildhauerklasse. Friedel Dornberg und Kurt Doehler zählten zu seinen Schülern. 1913 heiratete er seine ehemalige Schülerin Margarete Bohnstengel, die Tochter des Hoesch- Betriebsdirektors Emil Bohnstengel. Von Bagdons zahlreichen öffentlichen und privaten Auftragsarbeiten sind in Dortmund heute circa 10 Werke erhalten. Seine bekannteste Dortmunder Plastik war ein Stück Kriegskunst - der „Eiserne Reinoldus“ von 1916. Von diesem „Nagelmann“ gibt es nur noch den Kopf. Ab 1924 war er Professor, Vorstand und Ausstellungsleiter in der „Vereinigung Westfälischer Künstler und Kunstfreunde“ in Dortmund. Wohl wegen seiner Kunstauffassung und den Kontakten zu modernen Künstlern bekam Bagdons trotz seiner deutschnationalen Tendenzen 1933 Berufs- und Lehrverbot. Mit einer Hitler-Büste konnte er sich rehabilitieren. Das Disziplinarverfahren wurde 1934 aufgehoben. Weitere Büsten wie die von Kaiser Wilhelm II, Paul von Hindenburg und Friedrich Ebert bezeugen seine herausragenden Fähigkeiten als Porträtist. Friedrich Bagdons Gesamtwerk umfasst kunstgewerbliche Gebrauchsgegenstände, monumentale Plastiken, wie Denkmäler, Bauplastiken, Grabmäler und figürliche Plastiken. Mit der Zeit wandelte sich sein Stil, vom Historismus und Jugendstil im Frühwerk über einen zeitgenössischen Expressionismus nach dem Ersten Weltkrieg hin zu einem Neoklassizismus mit Monumentaltendenzen zu Beginn des Dritten Reiches. Bis zu seinem Tod am 7. März 1937 war er stellvertretender Direktor der „Handwerker- und Kunstgewerbeschule“ in Dortmund und leitete über 30 Jahre lang die Bildhauerklasse. Neben Bernhard Hoetger und Benno Elkan war Friedrich Bagdons der bedeutendste Bildhauer des 20. Jahrhunderts in Dortmund. IF

Quelle: Lit. U.Fleckner/J.Zänker: Friedrich Bagdons.Eine Bildhauerkarriere vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus. Ausst.Kat.MKK, Dortmund,1993, S. 54.; http://www.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/44137-Unionviertel~/Rheinische-Strasse-Ehemalige-Hoesch-Zentrale-wird-zum-Vier-Sterne-Hotel;art930,3063285