Dortmunder U

Museum Ostwall

Die Geschichte des Museums Ostwall im Dortmunder U - ehemals Museum am Ostwall

Das Museum Ostwall im Dortmunder U blickt auf eine über 60jährige Geschichte zurück. Ehemals "Am Ostwall" beheimatet prägt es die Dortmunder Kunstszene seit der Nachkriegszeit. Das „Museum am Ostwall“ ging nach dem 2. Weltkrieg aus dem 1883 gegründeten Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) hervor, das seit 1911 im Gebäude des ehemaligen Oberbergamts am Ostwall untergebracht gewesen war. Der Direktor des MKK, Dr. Rolf Fritz, wurde im September 1940 in den Kriegsdienst eingezogen, so dass Dr. Leonie Reygers als stellvertretende Direktorin bis zum Mai 1944 die Durchführung von Ausstellungen und Veranstaltungen übernahm. Bereits im Frühjahr 1943 begann sie jedoch damit, die Auslagerung des städtischen, kirchlichen und privaten Kunstbesitzes in verschiedene Schlösser zu organisieren, wodurch dieser vor der Zerstörung gerettet werden konnte, denn: 1944 wurde das Museumsgebäude durch Bombardements bis auf die Grundmauern zerstört. Nach dem Krieg wurde für das MKK mit der Einrichtung im Schloss Cappenberg bis zur Rückkehr nach Dortmund 1983 eine Übergangslösung gefunden. Heute ist das MKK an der Dortmunder Hansastraße beheimatet.

1947-1966:
Leonie Reygers (1905-1985) gründet ein Museum für Moderne Kunst in Dortmund

Die Geschichte des Museum am Ostwall beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg: Dr. Leonie Reygers, stellvertretende Direktorin des 1883 gegründeten Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK), suchte einen Ort für den von ihr vor dem Krieg gerettete Kunst.

1911 war in Dortmund das Museum für Kunst und Kulturgeschichte gegründet worden, das seinen Sitz im Gebäude des ehemaligen Oberbergamts am Ostwall hatte. Sein Direktor, Dr. Rolf Fritz, wurde im September 1940 in den Kriegsdienst eingezogen, so dass seine Stellvertreterin Leonie Reygers die Leitung des Hauses übernahm und bis zum Mai 1944 Ausstellungen und Veranstaltungen organisierte. Bereits 1943 begann sie jedoch damit, den städtischen, kirchlichen und privaten Kunstbesitz in verschiedene Schlösser der Umgebung auszulagern und bewahrte ihn dadurch vor der Zerstörung. 1944 wurde das Museumsgebäude durch Bombardements bis auf die Grundmauern zerstört. Für das Museum für Kunst und Kulturgeschichte wurde nach dem Krieg in Schloss Cappenberg ein Platz gefunden. Erst 1983 kehrte es nach Dortmund zurück und bezog seinen heutigen Sitz in der Hansastraße.

1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, gab es in Dortmund jedoch zunächst keinen Ort für die städtischen Kunstsammlungen. So beschloss der Rat 1947, das zerstörte Gebäude am Ostwall als Ort für die von den Nationalsozialisten verfemte Kunst der Moderne und als Ausstellungsmöglichkeit für Dortmunder Künstlerinnen und Künstler wieder aufzubauen. Dr. Leonie Reygers wurde zur Direktorin des Hauses ernannt, das sie bis 1966 leitete. Dank ihres Engagements, ihrer Unerschütterlichkeit und ihres hohen Ansehens gelang ihr die schwere Aufbauarbeit. Schon 1949 konnte im neuen Museum am Ostwall die erste Ausstellung gezeigt werden.

In diesen ersten Jahren war die Ausrichtung des neuen Hauses nicht unumstritten. Vor allem stand zur Debatte, ob es eine Kunsthalle oder ein Museum mit eigener Sammlung werden sollte. Im März 1954 ergriff die "Staatliche Museumspflege für Westfalen-Lippe" Partei für die Einrichtung eines Museums. Angesichts des Wettbewerbs zwischen den Städten sei eine unabhängige Institution für moderne Kunst in Dortmund besonders wichtig. Mit dem spektakulären Erwerb expressionistischer Werke aus der Sammlung Gröppel im Jahr 1957 legte Leonie Reygers schließlich den Grundstein für die Sammlung des Museum am Ostwall.

Die kulturelle Bildung der Dortmunder Bevölkerung war Leonie Reygers ein besonderes Anliegen. Mit zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen, nicht nur zur modernen Kunst, sondern auch zu Architektur und zeitgenössischem Design schuf sie ein umfassendes Bildungsangebot. Begleitend richtete sie einen Lesesaal und eine Kindermalstube in den Räumen des Museums ein. So fanden das Museum und seine Direktorin bald überregionale Anerkennung. Zu ihrem 60. Geburtstag kurz vor ihrer Pensionierung gratulierten der Gründungsdirektorin zahlreiche international renommierte Künstlerinnen und Künstler sowie wichtige Persönlichkeiten der internationalen Kunstszene und der Politik. Später erhielt sie für ihre Leistung das Bundesverdienstkreuz.

1967-1987:
Eugen Thiemann wagt das Experiment und verbindet Kunst und Leben

1967 übernahm Dr. Eugen Thiemann (1925 - 2001), der seit 1961 als Museumsassistent im Museum am Ostwall beschäftigt war, die Leitung des Hauses und setzte sogleich neue Akzente. Hatte seine Vorgängerin dem Publikum die Kunst der Moderne, zeitgenössisches Design und Gegenwartsarchitektur, aber auch die Kunst der Naiven vermittelt, so öffnete sich das Museum nun stärker den vielfältigen neuen Konzepten der Kunst der 60er Jahre und wurde so zu einem wichtigen Ort zeitgenössischer Kunst. Die Vertreter des deutschen Informel schätzten den Kunsthistoriker und Archäologen Eugen Thiemann ebenso wie die Protagonisten der 1960er und 1970er Jahre, unter ihnen Joseph Beuys und Wolf Vostell.

Den Auftakt setzte der neue Direktor des Hauses mit der Ausstellung "Wege 67", einer wichtigen Zusammenstellung "Deutscher Kunst der jungen Generation". Noch im selben Jahr folgte Otto Pienes Ausstellung "Fire Flower Power", die mit Performances, Lichtarbeiten und Feuerbildern erstmals einen Gesamtblick auf das Oeuvre des noch jungen Künstlers ermöglichte. Auch war er einer der ersten, die der neuen Kunstform des Environment eine Ausstellung widmete. Thiemanns Ausstellungen zur Fluxus-Bewegung waren seinerzeit in Dortmund durchaus nicht unumstritten.

Dennoch gelang es Thiemann, enge Kontakte zu Wolfgang Feelisch, dem Gründer des Remscheider VICE-Versands für Multiples und dem Sammler Siegfried Cremer zu knüpfen, die schließlich 1987 und 1991 unter Direktor Ingo Bartsch in Ankäufen großer Teile ihrer Sammlungen mündete. So legte Dr. Eugen Thiemann bereits während seiner Amtszeit den Grundstein für den heutigen Schwerpunkt des Museum Ostwall im Bereich Happening, Fluxus und Multiple. Auch zahlreiche Werke des Nouveau Réalisme und der Konkreten Poesie gelangten auf diese Weise ins Museum Ostwall.

Darüber hinaus setzte Dr. Eugen Thiemann mit Ankäufen für die Sammlung weitere Schwerpunkte in der Kunst des Informell und der Gruppe Zero, im bereich des Environments und schließlich der Malerei der "Neuen Wilden" der frühen 80er Jahre. 1984 erschien unter Mitarbeit von Annemarie Göers, Gottlieb Leinz und Sonja Anna Meseure ein Katalog mit Werken der Sammlung des Museum am Ostwall: Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Fotografien. Es war die erste umfangreiche wissenschaftliche Publikation zum Bestand des Hauses seit dem 1957 erschienenen Katalog zum Ankauf der Sammlung Gröppel.

1988-2004:
Ingo Bartsch schafft Platz für junge Künstler, erwirbt die Sammlungen Feelisch und Cremer und arbeitet den Sammlungsbestands wissenschaftlich auf

Von 1988 bis Ende 2003 leitete schließlich Dr. Ingo Bartsch (1943-2008), der zuvor als Kustos und Stellvertretender Direktor am Museum Bochum tätig gewesen war, das Museum am Ostwall. Ingo Bartsch war Spezialist für italienische Kunst, insbesondere für den italienischen Futurismus. Eine Ausstellung mit Video-Arbeiten des venezianischen Künstlers Fabrizio Plessi im Jahr 1993 und die von ihm im Jahre 2002 kuratierte Ausstellung "...auch wir Maschinen, auch wir mechanisiert! ... Die zweite Phase des italienischen Futurismus 1915 - 1945" gehören zu seinen herausragenden Ausstellungen auf diesem Gebiet.

Ingo Bartsch förderte während seiner Zeit als Direktor vor allem auch jüngere Positionen Dortmunder und nordrhein-westfälischer Kunst, für die er Ausstellungen im Erdgeschoss des Hauses, aber auch im – eigentlich der ständigen Sammlung des Museum Ostwall vorbehaltenen – 1. Obergeschoss und dem neu eingerichteten Studio im ehemaligen Lesesaal des Hauses ausrichtete. Darüber hinaus widmete sich Ingo Bartsch in seiner Ausstellungstätigkeit vor allem der informellen Malerei seit den 1950er Jahren und Künstlerinnen und Künstlern der Konkreten Malerei und Plastik.

Die Sammlung wurde in dieser Zeit durch den Ankauf von Grafiken nordrhein-westfälischer Künstlerinnen und Künstler erweitert, vor allem jedoch durch den bereits von Eugen Thiemann vorbereiteten Ankauf von Werken aus den Sammlungen Wolfgang Feelischs und Siegfried Cremers, darunter Werke des Fluxus, des Nouveau Réalisme, der Konkreten Poesie und Multiples – die bedeutendsten Erwerbungen der Kunst der Nachkriegszeit, die heute das Herz der Sammlung des Museums Ostwall bilden.

Ingo Bartsch ist die Publikation mehrerer Kataloge zu verdanken, in denen Werke aus der Sammlung des Museum Ostwall wissenschaftlich bearbeitet werden. So erstellten zum Beispiel Dieter Daniels, Barbara John und Peter Schmieder 1991 bzw. 1994 einen dreibändigen Katalog zur Sammlung Cremer, 1993 erschien ein Katalog zu den Beständen aus der Sammlung Feelisch mit ausführlichen Texten Dr. Peter Schmieders zu einzelnen Werken. 1995 und 2001 schließlich gab das Museum zwei umfangreiche Bände mit "Meisterwerken" der Sammlung heraus.

Seit 2005-2015:
Kurt Wettengl entwirft "Das Museum als Kraftwerk" und zieht um in das Dortmunder U

Im Jahr 2005 übernahm Prof. Dr. Kurt Wettengl (geb. 1954), der heutige Direktor des Museum Ostwall die Leitung des Hauses an seinem alten Standort. In Anlehnung an den Kunsthistoriker Alexander Dorner entwickelte er die Idee vom Kunstmuseum als "Kraftwerk". Seitdem versteht sich das Museum (am) Ostwall einerseits als Speicher der Vergangenheit, andererseits als Ort gesellschaftlicher und künstlerischer Produktivität. Von diesem Selbstverständnis ausgehend stellte sich das Team des MO folgende Fragen: Wie kann das Museum in die Stadt hineinwirken und Impulse aufnehmen? Wie kann es mit seiner Sammlung als Speicher des kulturellen Gedächtnisses und durch verschiedene Aktivitäten zu einem lebendigen Ort werden? Wie kann das MO zur Auseinandersetzung mit künstlerischen und ästhetischen, historischen, politischen und sozialen, architektonischen und stadtplanerischen Fragen anregen?

Diesen Überlegungen folgten schon bald zahlreiche Veränderungen: Im Herbst 2005 wurde die Ausstellungsreihe "Sammlung in Bewegung" eingeführt, die Kunstwerke des MO regelmäßig in neuen Konstellationen präsentierte. Neue Formen der Zusammenarbeit mit der TU und der FH Dortmund, mit Oper, Theater und Ballett oder dem Bund Deutscher Architekten wurden gemeinsam entwickelt und umgesetzt. Das Ausstellungsprogramm prägten international bekannte zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler wie Thomas Rentmeister, Anna und Bernhard Blume, Dorothee von Windheim, Adrian Paci oder Ilya & Emilia Kabakov, die in verschiedenen Medien arbeiten. Thematische Ausstellungen wie "Shrinking Cities" oder "mit allem rechnen", mit zeitgenössischer Medienkunst aus dem Baltikum, nahmen - ebenso wie die Studio-Ausstellungsreihen "Stadt/Raum" und "Wo ist Zuhause?" mit ihren Begleitveranstaltungen - aktuelle gesellschaftliche Fragen auf.

Seit der Gründung des Museum am Ostwall ist die Vermittlung von Kunst an alle Generationen und verschiedene Zielgruppen ein wichtiger Schwerpunkt der Museumsarbeit. Aus diesem Grund wurde die Konzeption des Bereichs "Bildung und Kommunikation" intensiv weiterentwickelt. Er umfasst heute nicht nur regelmäßige Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, sondern auch Projekte für Schulklassen aller Schulformen, einen Jugendkunstclub, diverse Kooperationen mit anderen kulturellen und sozialen Einrichtungen, Angebote für den offenen Ganztag und zielgruppenspezifische Führungen.

Nach dem Umzug des Museum am Ostwall in das Dortmunder U - Zentrum für Kunst und Kreativität änderte es nicht nur seinen Namen in "Museum Ostwall", sondern setzte auch neue Schwerpunkte in der Sammlungspräsentation. Der Idee vom "Museum als Kraftwerk" folgend stehen heute Werke der Fluxus-Bewegung, die für eine Verschmelzung von Kunst und Leben eintrat, im Mittelpunkt. Doch auch die Präsentation vergangener Kunstrichtungen des 20. Jahrhunderts oder größerer Werkkomplexe einzelner Künstlerinnen und Künstler bis hin zur Gegenwart zeigt: Kunst entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern ist eng mit den gesellschaftlichen Entwicklungen und Debatten ihrer Zeit verwoben.