Amerikanische Einbürgerungsurkunde für Selma Florsheim
Warum eine Dortmunderin im hohen Alter noch Amerikanerin wurde
Stadtarchiv Dortmund, Bestand 681 „Nachlass Ruth Flörsheim“. Papier (Maße: 25,5 x 20,3 cm)
Die 1870 in Dortmund als preußische Staatsangehörige geborene Selma Flörsheim war fast 84 Jahre alt, als sie im Jahr 1954 in New York als US-Amerikanerin eingebürgert wurde. Sie hieß dann anglisiert „Florsheim“ und unterschrieb so auch ihre Einbürgerungsurkunde.
Dass sie einmal hochbetagt „Amerikanerin“ werden würde, hätte bei ihrer Geburt wohl kaum jemand geahnt. Schließlich konnte ihre Familie auf einen erfolgreichen Weg zu angesehenen Unternehmern und Bürgern im kaiserlichen Deutschland zurückblicken. Selma entstammte der aus Spanien nach Westfalen eingewanderten späteren Neheimer Fabrikantenfamilie Noa Wolff. Ihr Ehemann, Sally Flörsheim, betrieb einen eigenen Stahlhandelsbetrieb im Dortmunder Hafen. Seine Grabstätte liegt in der jüdischen Abteilung des Dortmunder Ostfriedhofs und ist bis heute erhalten.
Freiwillig hat Selma ihre Heimat indes nicht verlassen. Ihr im Jahr 1934 in Dortmund ausgestellter Reisepass legt davon Zeugnis ab. Mit Datum vom 29.11.1938 war in den Pass ein rotes „J“ für „Jude“ gestempelt worden. Derart im wahrsten Sinne des Wortes „abgestempelt“ verließ Selma Flörsheim am 1. Dezember 1938 über die Grenzstelle Flughafen Köln das nationalsozialistische Deutschland. Ihren gesamten Besitz musste sie in Dortmund zurücklassen. Einer ihrer Söhne rettete seine Mutter und die Schwester Anna, eine Ärztin, in die USA.
Selma starb 1969 in New York. Ihre Einbürgerungsurkunde ist im Stadtarchiv Dortmund im Bestand 681 „Ruth Florsheim“ verwahrt. Der Bestand gibt einen Einblick in rund 200 Jahre jüdischer Familiengeschichte in Deutschland und Westfalen.
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