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"Bierstadt" Dortmund

König Adolf von Nassau verleiht Dortmund das Grutrecht 26. Oktober 1296

Urkunde über das Grutrecht für die Stadt Dortmund

Urkunde über das Grutrecht für die Stadt Dortmund
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Alle Rechte vorbehalten Stadt Dortmund / Stadtarchiv

(StadtA Dortmund, Best. 1, Nr. 26 (alt: Nr. 66))

Bis heute stellt die traditionsreiche Dortmunder Brauindustrie einen wichtigen Wirtschaftszweig der Stadt dar und nicht umsonst wird Dortmund in einer populären Krimireihe wenig subtil in „Bierstadt“ umbenannt. Die Wurzeln des örtlichen Brauwesens, das seit dem 19. Jahrhundert untrennbar mit Namen wie Overbeck, Wenker, Brinkhoff und anderen verbunden ist, liegen indes schon im Mittelalter. Das belegt auch die hier abgebildete Urkunde vom 26. Oktober 1296, mit der König Adolf von Nassau (reg. 1292–1298) der Reichsstadt Dortmund auf ihr Bitten hin das Recht gewährte, den Gärstoff herzustellen, der in der Volkssprache (gemeint ist das Mittelniederdeutsche) ‚Grut‘ genannt werde. Vor der Zeit des reinen Hopfenbiers, das in Dortmund erst im Laufe des 16. Jahrhunderts üblich wurde, war Grut als Gär-, Würz- und Konservierungsmittel ein wichtiger Grundstoff der Bierherstellung. Die Zusammensetzung der Grut war von Ort zu Ort variabel und wurde wie ein Geheimnis gehütet. Hauptbestandteile waren der Sumpfporst, eine schwachgiftige Pflanze aus der Familie der Heidekrautgewächse, Gersten- und Hafermalz, etwas Hopfen, Harze zur Konservierung sowie Lorbeer und andere Kräuter als Würzmittel. Die Zutaten verliehen dem Grutbier ein eher fruchtig-würziges Aroma.

Die Grut wurde ausschließlich im städtischen Grut- oder Brauhaus an der heutigen Brauhausstraße unter der Aufsicht einer vom Rat bestellten Grutmeisterin oder eines Grutmeisters hergestellt und an die Brauer und Familien in der Stadt zum Bierbrauen verkauft. Das Grutmonopol sicherte dem Rat der Stadt eine ergiebige Einnahmequelle, auch weil Bier zu dieser Zeit nicht nur ein Genuss-, sondern ein wichtiges Grundnahrungsmittel war. Allerdings war das städtische Monopol keineswegs unumstritten. Dafür spricht, dass die Urkunde Adolfs von Nassau ein nur wenig älteres Privileg aus dem Jahr 1293 in wesentlichen Punkten wiederholte. Schon der Umstand der Wiederholung einer königlichen Urkunde nach nur drei Jahren verweist darauf, dass die Privilegierung der Stadt nicht uneingeschränkt akzeptiert worden war. Tatsächlich griff die Verleihung des Grutrechts an die Stadt in die Rechte des Dortmunder Grafen ein. Dieser war als örtlicher Vertreter des Königtums mit der Verwaltung des Dortmunder Reichsgutkomplexes beauftragt und übte damit auch die Regalien, die königlichen Hoheitsrechte, aus, zu denen seit alters auch das Brauregal gehörte.

So ist für das Jahr 1266 nachweisbar, dass Graf Herbod von Dortmund neben dem ‚fermentum‘, lateinisch für Grut(-recht), auch die ‚denarii cervisialis‘ genannten Bierpfennige, eine indirekte Biersteuer, wahrnahm. Den Streit um das Brauprivileg konnte auch das Privileg von 1296 nicht dauerhaft befrieden. Immer wieder versuchte der Graf von Dortmund, seine alten Rechte wiederherzustellen, die ihm die Stadt in den folgenden Jahrzehnten jedoch sukzessive durch Kauf abnehmen konnte. Die Bedeutung des Brauwesens für die Stadt wird auch durch die älteste Niederschrift der städtischen Statuten aus den 1250er-Jahren unterstrichen. In dieser Aufzeichnung der Dortmunder Rechtsgewohnheiten findet sich die Bestimmung, dass der städtische Richter eine Frau, die Bier braut, nicht ohne Mitwirkung der Ratsmitglieder anklagen darf. Auch wenn der Anlass dieser Regelung nicht festgestellt werden kann, handelt es sich dabei zumindest um den ältesten Nachweis der Bierbrauerei in Dortmund. Zudem wird deutlich, dass das Brauwesen im Mittelalter offenbar vor allem von Frauen ausgeübt wurde. Immer wieder begegnen Frauen in den städtischen Quellen des Mittelalters als Brauerinnen, auch dem städtischen Gruthaus standen zumeist Frauen vor.