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Offenes Rathaus Dortmund

DiverseCity 2016 – Mit Leidenschaft. Für Vielfalt

09. Juni 2016 im Dortmunder Rathaus

Die Dortmunder Bürgerhalle im Rathaus war mit 220 Gästen zum DiverseCity-Kongress am 9. Juni voll besetzt. Eine halbe Dekade, also zum 5. Mal, fand der Kongress mit Gästen aus Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in Dortmund statt.

Der DiverseCity-Kongress stand in diesem Jahr unter dem Motto "Mit Leidenschaft. Für Vielfalt!" "Denn", so sagte Oberbürgermeister Ullrich Sierau in seiner Eröffnung: "Deutschland wird bunter und vielfältiger – Dortmund wird bunter und vielfältiger. Mit dieser Tatsache müssen wir in unseren Gemeinden, Städten und in unserem Land sinnvoll umgehen." Und zwar nicht problem- sondern chancenorientiert.

Einer der Erfolgsfaktoren in Dortmund sei die Vielfalt, erklärte er weiter. Das gälte in der Wirtschaft, genauso wie in der Stadtverwaltung und der Zivilgesellschaft. "Es geht darum, Dinge anders zu denken und dann auch anders zu machen. Wir packen hier in Dortmund an!" Er danke Susanne Hildebrandt (Koordinatorin für Lesben, Schwule, Transidente), die seit 2012 zusammen mit dem Völklinger Kreis e. V. den DiverseCity-Kongress in Dortmund organisiert sowie Gerd Kirchhoff. Kirchhoff ist Mitgestalter und Moderator der ersten Dortmunder DiverseCity-Stunde.

Gewohnt eloquent moderierte er durch die Veranstaltung, die, wie er zum großen Bedauern vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer erklärte, seine letzte war. In der Vorbereitung des Kongresses gab es außerdem eine engagierte Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Stellen und Fachbereichen, die sich mit Diversity-Aspekten beschäftigen. Insbesondere das Gleichstellungsbüro mit seinen vielfältigen Kontakten ist hier als große Unterstützung zu nennen.

Bilderstrecke: DiverseCity 2016

Impressionen DiverseCity 2016 12 Bilder
Impressionen DiverseCity 2016
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Fachbereich Marketing + Kommunikation / Anja Kador

Botschaft weitertragen

Zu Beginn seines Grußwortes stellte Matthias Weber (Vorstandsmitglied Völklinger Kreis e. V.) die Frage: "Ist die Gesellschaft schon weiter als der Kongress suggeriert und somit die Beschäftigung mit Diversity überflüssig? Mit Blick auf die Politik und – vor allem – die Sozialen Medien, verneinte er die Frage: „Bundespolitisch geht es mit Trippelschritten voran und in Sozialen Medien hetzen Aktivisten, auch in organisierter Form, gegen Flüchtlinge, Frauen, Schwule und andere.“ Er forderte dazu auf, weiter für Diversity zu kämpfen und bat darum, die Impulse des Kongresses mit in das eigene Lebens- und Berufsumfeld zu nehmen: „Werden Sie zu Botschafterinnen und Botschaftern der Vielfalt."

Im Anschluss bezog Harald Christ (Unternehmer und Wirtschaftsexperte) Stellung "Gerne engagiere ich mich persönlich für Toleranz und Vielfalt immer dort wo es wichtig ist, Flagge zu zeigen. Dortmund ist hier Vorbild für die ganze Bundesrepublik. Gerade in Zeiten aktueller gesellschaftspolitischer Veränderungen ist es wichtig immer wieder für ein tolerantes und offenes Deutschland zu werben. Es prägt das Bild, wie wir in der Welt gesehen werden und ist am Ende des Tages auch ein ökonomischer, wertvoller Beitrag zur Erhaltung unseres Wohlstandes in der Zukunft."

Impressionen DiverseCity 2016

Fester Bestandteil des Programms ist die "Unterzeichnung der Charta der Vielfalt"
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Fachbereich Marketing + Kommunikation / Anja Kador

Als fester Bestandteil auf dem Kongress hat sich der Programmpunkt "Unterzeichnung der Charta der Vielfalt" etabliert. Ziele der Charta, die inzwischen über 2.000 Institutionen und Unternehmen selbstverpflichtend unterschrieben haben, sind u.a.: Vielfalt in Unternehmen voranbringen, Förderung und Umsetzung des Diversity-Managements, Entwicklung einer offenen Organisationskultur. In diesem Jahr schlossen sich diesem Vorhaben die Auslandsgesellschaft, das Dortmunder Forum Frau & Wirtschaft und die Handwerkskammer Dortmund an.

Mehr Zeit für Begegnungen

Zu Beginn der Podiumsdiskussion "Pluspunkt Vielfalt" fragte Moderatorin Christiane Poertgen die syrische Bauingenieurin Kindah Almalloul nach ihrem Lebensweg. Sie sieht sich, trotzdem sie vor dem Krieg geflohen ist, nicht als Flüchtling: „In Deutschland habe ich nach Frieden, Sicherheit und gesellschaftlicher Anerkennung gesucht und bin nun dabei, mir hier ein neues Leben aufzubauen.“ Angst habe sie dennoch und zwar davor, immer wieder neu beginnen zu müssen. Erst in Syrien, dann in Deutschland und, wer weiß, vielleicht wieder in Syrien: „Integration ist für mich wie ein Händedruck – ein Kontakt zueinander.“

Große Zustimmung im Publikum fand der Beitrag von Informatikerin und Journalistin Veyeh Tatah, die darauf verwies, dass sich Integrationsarbeit sowohl auf die Neuzuwanderer beziehen, aber eben auch auf diejenigen erstrecke müsse, die schon – lange – hier seien. Kritisch bewertete sie die ambivalente Haltung im Alltag: Döner essen – gerne, eine Wohnung an Migranten vermieten – lieber nicht: „Uns fehlt es an Begegnungsorten und an Zeit, miteinander zu reden, uns auszutauschen. Man muss sich einfach mal trauen, aufeinander zuzugehen.“

An einer Art Begegnungsraum arbeitet die BVB-Stiftung "Leuchte auf", dessen Leiter Marco Rühmann ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem TSC Eintracht vorstellte. Seit November 2015 können junge Flüchtlinge an einem Fußballtraining teilnehmen sowie an Deutschkursen und integrativen Veranstaltungen: „Ich habe festgestellt, dass das Denken in Schubladen einfach keinen Sinn macht!“

Barrierefreie Köpfe

Wie schnell aus Schubladen Barrieren entstehen können, weiß auch Janis McDavid. Er kam ohne Arme und Beine auf die Welt und versteht sich als „"Motivationsredner der anderen Art": "Ich wollte immer das machen, was andere auch machen und mich dabei nicht behindern lassen." Damit die Barrieren im Kopf fallen, ist er viel unterwegs, redet mit Menschen, beantwortet Fragen wie z. B. die nach der Organisation seines Alltags.

Politisch engagiert zeigte er sich beim Behindertengleichstellungsgesetztes – hier kritisiert McDavid die fehlende Forderung nach barrierefreien Privatgebäude. Zum Bundesteilhabegesetz erklärte er: „Behinderte werden mit diesem Gesetz auf Sozialhilfeniveau gehalten, indem sie für alle Assistenzbedarfe und technische Ausstattung selbst aufkommen müssen. Lediglich 800 Euro dürfen vom Gehalt als Lebenshaltung einbehalten werden und 2.600 Euro auf der hohen Kante liegen.“

Im Anschluss forderte Ikea-IT-Diversity-Managerin Barbara Neumann dazu auf, wegzukommen vom Defizitblick und sich auf den Zugewinn durch eine gelebte Vielfalt zu konzentrieren: „Es kommt nicht darauf an, wo jemand herkommt, sondern welche Persönlichkeit er mitbringt. Als Global-Player kann man nicht ohne Diversity-Management erfolgreich sein – unsere Kunden sind schließlich auch vielfältig.“ Vor allem Kommunikation mache ein vielfältiges Unternehmen aus.

Dirk Rutenhofers Blick konzentrierte sich als Vorsitzender des Cityrings auf die Mitglieder des Dortmunder Einzelhandels und deren Abbau von Ängsten: „Eigentlich ist es recht einfach. Wenn mich ein Mitglied nach dem Umgang mit einem Mitarbeiter fragt, sage ich ‚Nutze deinen Verstand. Geh‘ mit deinem Mitarbeiter so um, wie mit dir umgegangen werden soll.“

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In 13 Foren diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer miteinander, tauschten sich aus, bauten Netzwerke auf und aus.
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Fachbereich Marketing + Kommunikation / Anja Kador

Im Anschluss waren die Kongress-Gäste selbst gefordert: In 13 Foren, die die sechs Diversity-Kern-Dimensionen Geschlecht, Nationalität, ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität abdeckten, diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer miteinander, tauschten sich aus, bauten Netzwerke auf und aus.

Koordinatorin und Hauptorganisatorin Susanne Hildebrandt zog ein positives Fazit zum 5. DiverseCity Kongress in Dortmund: „Es freut mich sehr, dass die Teilnehmenden an dem Kongress in diesem Jahr noch mehr und auch noch vielfältiger geworden sind. Immer mehr Menschen erkennen, wie wichtig es ist, sich ressourcenorientiert mit dem Thema Vielfalt zu befassen und melden zurück, dass sie gerne zum Kongress kommen, weil wir bei DiverseCity Dortmund das Thema Diversity nicht auf eine Dimension festlegen, sondern das Visier hier sehr weit aufmachen.“

Gaye Suse Kromer

DiverseCity Dortmund