Gebäude des Fritz-Hüser-Instituts

Fritz-Hüser-Institut

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Alle Rechte vorbehalten Markus Steur

Forschung und Vermittlung

In der fünfzigjährigen Geschichte waren die Forschungsthemen des Fritz-Hüser-Instituts (FHI) in stetem Wandel – nicht zuletzt aufgrund der Veränderungen in der Arbeitswelt und den damit einhergehenden Vorstellungen von Arbeit und Arbeitswelten, von sozialer und politischer Literatur. Auf diese Forschungsinteressen aufbauend veränderten sich im Laufe der Jahrzehnte auch die Tätigkeiten des Instituts im Bereich der Literatur- und Kulturvermittlung.

Fritz Hüser (1908–1979), ehemals Leiter der Dortmunder Stadtbücherei und Gründer des Instituts, konzentrierte sich auf die archivische und bibliothekarische Sammlung von Arbeiterliteratur, die er als "Archiv für Arbeiterdichtung und soziale Literatur" recht früh der Öffentlichkeit zugänglich machte. Die damals in Vergessenheit geratenen Autor*innen der Arbeiterdichtung brachte er mittels Bibliografien, Ausstellungen und literarischen wie wissenschaftlichen Publikationen ins Gedächtnis der Lesenden zurück und galt als Mentor für Schriftsteller*innen wie Forschende. Seine Privatsammlung erweiterte er kontinuierlich und übergab sie 1973 bei Eintritt in den Ruhestand der Stadt Dortmund als "Institut für deutsche und ausländische Arbeiterliteratur", das er bis zu seinem Tod leitete.

Mit dem Amtsantritt von Prof. Dr. Rainer Noltenius fand 1979 eine Öffnung der Forschungs- und Wirkungsfelder der Einrichtung statt: Sein Institut erforschte auch die nicht-industrielle Literatur und beschäftigte sich wissenschaftlich mit der Geschichte der Esperanto-Bewegung, den Arbeiterchören, der Vagabundenliteratur und verschiedenen Alternativbewegungen als Ergänzung zur klassischen Arbeiterliteratur und -kultur.

Diese Tradition wurde von Dipl.-Archivarin Hanneliese Palm, die 2005 die Leitung des Instituts übernahm, fortgeführt. Kurz nach ihrem Amtsantritt benannte die Stadt Dortmund das Institut in das "Fritz-Hüser-Institut für Literatur und Kultur der Arbeitswelt" um. Zusätzlich konzentrierte sich nun die Forschung im FHI auf regionale Autor*innen, Bergbaukulturen und literarische Vereinigungen, aber auch auf Druckerzeugnisse der Büchergilde Gutenberg, die als sogenannte Kulturinstitution der Werktätigen sozial engagierte Literatur verlegte. Grundbaustein der Forschungstätigkeiten bildeten vornehmlich die zahlreichen Vor- und Nachlässe aus dem Archiv des FHI.

2018 hat die Literaturwissenschaftlerin Dr. Iuditha Balint ihr Amt als Direktorin angetreten. Mit dem Wechsel wurde der Fokus der wissenschaftlichen Untersuchungen im Institut wurde erneut erweitert, unter Beibehaltung der klassischen Arbeitsfelder. Fokussiert werden nun ferner literatur- und kulturwissenschaftliche Themen im Spannungsfeld von Literatur, Kultur und Ökonomie – ein Spannungsfeld, das von der Frage bestimmt ist, was Arbeit als literarisches und kulturelles Phänomen ausmacht, und unter welchen marktökonomischen, kulturellen, historischen, aber auch ästhetischen oder medialen Bedingungen Arbeit stattfindet und Vorstellungen von Arbeit modelliert werden. Die Arbeit am Selbst wird dabei genauso einer kulturwissenschaftlichen Reflexion unterzogen wie körperliche und geistige Erwerbsarbeit, Kinder-, Beziehungs-, künstlerische und ehrenamtliche Arbeit – oder auch die Entgrenzungen von Arbeit auf Bereiche der Nicht-Arbeit.

Seinem Bildungsauftrag als öffentliche Einrichtung kommt das Institut vor allem in Form der Literaturvermittlung nach: Organisiert werden sowohl wissenschaftliche Veranstaltungsformate wie Konferenzen, Sommerakademien, Workshops oder Seminare als auch Lesungen, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen usw. für die interessierte Öffentlichkeit.

Forschungsnetzwerke (Auswahl)

Das FHI ist Mitglied des Netzwerks "Wissenschaft in Dortmund"und steht mit allen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen am Standort Dortmund in engem Kontakt und Austausch.

Am internationalen Forschungsnetzwerk "Deindustrialization and the Politics of our Time" beteiligt sich das FHI mit seiner Expertise in der Erforschung der Deindustrialisierung im Medium der Literatur, im Film, in der Musik und der Fotografie.

Als Mitglied des internationalen Netzwerks "L’Observatoire Européen des Récits du Travail" (OBERT) wirkt das FHI am Aufbau eines mehrsprachigen interdisziplinären Online-Wörterbuchs zu Erzählungen von Arbeit mit, an dem Forscher*innen aus sechs europäischen Ländern beteiligt sind.

Im Entstehen begriffen ist das vom FHI initiierte Forschungsnetzwerk "Literary Labour Studies", in dem Literaturwissenschaftler*innen aus dem In- und Ausland an einem Handbuch zusammenarbeiten und das Thema ›Arbeit‹ im Kontext formalästhetischer wie inhaltlicher Fragestellungen betrachten.

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