Nachlese zur 5. Dortmunder Wissenschaftskonferenz
Unter dem Motto GENERATIONEN VERBINDEN fand am 14. Juni 2022 die 5. Dortmunder Wissenschaftskonferenz statt. Ein vielfältiges Konferenz- und Rahmenprogramm lockte über 140 Besucher*innen aus Wissenschaft, Stadtgesellschaft und Verwaltung ins Dortmunder U.
Über den Dächern von Dortmund begrüßte Oberbürgermeister Thomas Westphal die Besucher*innen zunächst per Videobotschaft und später persönlich bei der Podiumsdiskussion. Die Wissenschaftskonferenz befasste sich u.a. mit folgende Fragen:
- Wie können wir möglichst gesund leben, arbeiten und altern?
- Wie können uns smarte Technologien dabei unterstützen?
- Und wie können neue und vielfältige Denkweisen den Austausch zwischen den Generationen verbessern?
Zitat
In Dortmund wohnen viele älter werdende Menschen, die sich auch weiterhin hier wohlfühlen wollen. Das gilt auch für die wachsende Generation von Kindern und jungen Menschen. Es ist daher wichtig, die Unterschiede der Generationslagen wahrzunehmen und den Blick auf die verbindenden Themen, wie Mitmachen und den Kampf gegen die Einsamkeit, zu richten
Demografischer Wandel im Masterplan Wissenschaft 2.0 Quelle: YouTube
Generationen verbinden – das betrifft uns alle
Prof. Dr. Michael Steinbrecher, Journalistikprofessor an TU Dortmund, moderierte die Wissenschaftskonferenz wählte einen sehr persönlichen Einstieg in das Thema „Generationen verbinden“ und berichtete von der engen Verbindung zu seinem Großvater, der als Bergarbeiter gearbeitet und einen Sinn für Kunst und Kreativität hatte – ein Talent, das er an seinen Enkel weitergegeben hat. Solche Geschichten und persönliche Erlebnisse zwischen den familiären Generationen prägen unsere Sicht auf die Welt. Verschiedene Akteur*innen der Dortmunder Wissenschafts- und Bildungslandschaft sowie externe Expert*innen gestalteten das Konferenzprogramm im Rahmen des Dortmunder Masterplans Wissenschaft gemeinsam. Im Masterplan Wissenschaft 2.0 findet sich der demografische Wandel zudem als neues wissenschaftliches Kompetenzfeld wieder.
Vorsorge ist besser als Nachsorge
Zum Konferenzauftakt sprach Prof. Dr. Silke Tophoven, Hochschule Düsseldorf, über die Chancen und Herausforderungen entlang der Lebensbiographie. Neben konkreten Kennzahlen zur Zusammensetzung der Dortmunder Bevölkerung thematisierte sie auch die Herausforderungen der Sozialpolitik, die darauf abziele, soziale Ungleichheit zu vermindern und soziale Risiken abzusichern. Sozialpolitik müsse zukünftig verstärkt präventiv arbeiten und sich mehr mit der Generationengerechtigkeit und der Solidarität zwischen den Generationen beschäftigen, ohne die Unterschiede innerhalb einer Generation aus dem Blick zu verlieren. Kommunen stünden vor der Herausforderung, Angebote zu schaffen, die sich an den vielfältigen Lebensverläufen der Menschen orientieren.
Bilderstrecke: 5. Dortmunder Wissenschaftskonferenz 2022

GESUND, SMART und DIVERS aufwachsen, arbeiten und älter werden
In drei parallelen Sessions zu den Themen „Gesund“, „Smart“ und „Divers“ aufwachsen, arbeiten und älter werden gaben Referent*innen aus verschiedenen Dortmunder Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen Einblicke in ihre Forschung und diskutierten diese mit den Besucher*innen der Konferenz.
Prof. Dr. Martina Brandt, TU Dortmund, ist Sprecherin des wissenschaftlichen Kompetenzfelds „Demografischer Wandel“ und moderierte die Themensession „Gesund“. Dort ging es u.a. um den Einfluss von Stress auf das Verhalten von Kindern und um lebenslanges Lernen. Diskutiert wurde außerdem die Frage, wie lange wir arbeiten wollen bzw. können, und welche äußeren Umstände dies im Sinne eines „Müssens“ oder „Dürfens“ beeinflussen. Viele Reaktionen aus dem Publikum gab es zu der Frage, wie die Pflege von Angehörigen gestaltet werden kann.
Teilnehmende der Themensession „Smart“ wurden von Prof. Dr. Sabine Sachweh, FH Dortmund, begrüßt. Vorgestellt und diskutiert wurden Beiträge zum Umgang mit „Technostress“ im Berufsalltag, zu Medien- und Demokratiebildung von Kindern und zur Gestaltung einer „smarten Rettungskette“ bei Rettungseinsätzen. Zudem wurde das Projekt „Plug-In“ präsentiert. Dort untersuchen Wissenschaftler*innen, wie eine individualisierte Bedienung von technischen Geräten umgesetzt werden kann, die sich den Bedarfen der Nutzer*innen anpasst.
Georg Roth, Fachberater für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei rubicon e.V., moderierte die Session „Divers“ und stellte die Vielfalt der Lebensverläufe und Lebensweisen heraus. In dieser Session ging u.a. um die Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitsweltum den Familienalltag in Regenbogenfamilien sowie Vernetzungspotenziale im Kontext sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Eine weitere spannende Fragestellung: Wie spiegelt sich die Diversität in der Bevölkerung im Musikgeschmack wieder, und was lässt sich daraus für die Kulturpolitik ableiten?

In der thematischen Session „DIVERS aufwachsen, arbeiten und älter werden“ ging es um die Potenziale von Vielfalt – im Berufs- wie im Privatleben. Dabei ging es u.a. um verschiedene Musikgeschmäcker, Regenbogenfamilien und Gleichberechtigung am Arbeitsplatz.
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Roland Gorecki
Präsentationen der Themensessions
Die Präsentationen der Themensessions stehen zum Teil als Download bereit:
- Themensession GESUND: Lebenslanges Lernen und Beschäftigen [pdf, 1,0 MB]
- Themensession GESUND: Dortmunder Vitalstudie [pdf, 805 kB]
- Themensession GESUND: Pflege älterer Menschen [pdf, 945 kB]
- Themensession SMART: QN-PlugIn-Story [pdf, 2,9 MB]
- Themensession SMART: ADLeR [pdf, 1,6 MB]
- Themensession DIVERS: Das unausgeschöpfte Potenzial [pdf, 1,4 MB]
- Themensession DIVERS: Vernetzungspotenziale [pdf, 654 kB]
- Themensession DIVERS: Musikgeschmack und Alter [pdf, 479 kB]
Zitat
„Altenhilfe – der Begriff ist aus der Zeit gefallen. Es gibt „die Alten“ nicht, und hilflos sind sie auch nicht.“

An verschiedenen Infoständen konnten sich die Gäste informieren, unter anderem über verschiedenen Angebote und Projekte des Fachdiensts für Senioren.
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Roland Gorecki
Aufeinander zugehen, voneinander lernen
So könnte auch das Fazit dieser Wissenschaftskonferenz lauten. An verschiedenen Informationsständen konnten Besucher*innen sich informieren und ins Gespräch kommen. Dort traf man u.a. auf Florian Thind. Ein Student der TU Dortmund, der im Rahmen eines kulturwissenschaftlichen Projektseminars zur „Power of Stories“ – also die Macht, die das Erzählen von Geschichten hat – forscht. Für seine Seminararbeit interviewte er eine ganz besondere Person, nämlich seinen eigenen Vater und lernte dabei ganz neue Facetten seiner eigenen Familienbiografie kennen. Sein Fazit: Über Geschichten kann kulturelles Erbe weitergetragen werden, Geschichten können Generationen verbinden, und über Geschichten kann man eine Menge lernen. Auch Vertreter*innen der Fachschaft Alternde Gesellschaften (TU Dortmund), des Fachbereichs Angewandte Sozialwissenschaften (FH Dortmund) sowie des Beratungsteams für das Seniorenstudium an der TU Dortmund waren vor Ort und beantworteten Fragen der Besucher*innen. Ein Blickfang war der kleine Roboter Janny am gemeinsamen Infostand des Fachdienstes für Senior*innen, des Regionalbüros Alter und Pflege und des Seniorenbüros. Dort konnten Besucher*innen sich über die verschiedenen Projekte, wie die „Demografiewerkstatt Kommunen“ (DWK), die Dortmunder Zukunftswerkstatt (ZWK) und Pflege auf Distanz informieren und austauschen. In der Podiumsdiskussion berichteten die Teilnehmenden von ihren ganz persönlichen Generationen-Geschichten und den daraus resultierenden Lerneffekten – und zwar auf beiden Seiten. Auch die vielen Projekte und Beratungsangebote in den Quartieren der Stadt Dortmund und an den Wissenschaftsstandorten wurden positiv hervorgehoben.
Fest steht: Es braucht in Zukunft mehr und vor allem vielfältige Angebote für die verschiedenen Generationen auf kommunaler Ebene ebenso wie auf Landes- und Bundesebene.
Kunst, Musik, Digitales und lebendige Geschichte:
Rahmenprogramm im Dortmunder U, im FZW und im Audimax der TU Dortmund
Zitat
Der interaktive Workshop war sehr intensiv, vielfältig und inspirierend für die Besucher*innen verschiedener Generationen.
Das Konferenzprogramm ging am späten Nachmittag nahtlos über in das offene Rahmenprogramm.
Den Übergang gestaltete Akkordeonist Dr. Maik Hester; er überraschte das Publikum mit „Loopings“ – Tonschleifen, die er live aufzeichnete und zu einem mehrstimmigen Kanon übereinander schichtete. Dabei stellte er mittelalterliche Klänge aus dem 13. Jahrhundert einem modernen Stück gegenüber und verband analoges Musizieren mit digitaler Tontechnik.
Das Dortmunder U und seine hausinternen Partner luden ein zu exklusiven Führungen, beispielsweise durch den „Immersiven Raum“ des kiU (FH Dortmund) oder durch die neue FLOWERS-Ausstellung des Museums Ostwall. Außerdem wurden Museumsangebote für Menschen mit Demenz vorgestellt. Kreativität war im offenen Roboter-Labor und einem Workshop für digitales und analoges Handwerk auf der UZWEI gefragt.
Rund 40 Teilnehmende nahmen am Workshop „Die digitale Generation?“ im FZW teil, der vom DigitalenKulturLabor des Dortmunder U in Kooperation mit dem Masterplan Wissenschaft durchgeführt wurde. Hier konnten die Besucher*innen an verschiedenen Stationen mit Medienkünstler*innen und Cosplayern ins Gespräch kommen, Spiele im virtuellen Raum ausprobieren oder mit digitaler Musik experimentieren.
Die TU Dortmund lud zu einer Gastvorlesung „Fragt uns, wir sind die letzten!“ mit dem Zeitzeugen Horst Selbiger (Jahrgang 1928) ein und schlug damit ebenfalls eine Brücke zwischen Generationen. In seinem öffentlichen Vortrag erzählte er von seiner Kindheit als Jude im nationalsozialistischen Deutschland.
Auch in diesem Jahr wurde die Wissenschaftskonferenz von der Dortmund-Stiftung unterstützt; diese hat es sich zum Ziel gesetzt, „das Wissen und Können junger Menschen“ zu fördern, beispielsweise im Projekt „Zweitzeugen“, welches junge Menschen mit (digitalisierten) Überlebensgeschichten von Zeitzeugen des Holocaust in Verbindung bringt und so zum Dialog und zum Nachdenken anregen möchte.
Bilderstrecke: Weitere Eindrücke der 5. Dortmunder Wissenschaftskonferenz

Masterplan Wissenschaft

Akteure im Masterplan Wissenschaft 2.0 im Dortmunder Rathaus
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Dortmund Agentur / Roland Gorecki
Masterplan Wissenschaft
Um das Profil Dortmunds als Wissenschaftsstadt weiter voranzutreiben, arbeiten seit 2011 Vertreter*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Kultur, Verwaltung und Stadtgesellschaft gemeinsam am „Masterplan Wissenschaft“. Die Dortmunder Wissenschaftskonferenz wurde im Rahmen dieser Zusammenarbeit konzipiert und eingeführt und wird alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Dortmunder Wissenschaftstag veranstaltet.