Ein Besuch im Westfälischen Schulmuseum
Eine gar nicht gruselige Hexenjagd im Schulmuseum
Von Barbara Nobis
„Ene mene mei, Kinder kommt herbei; hex, hex.“ Wie durch Magie füllen sich an einem Vormittag mitten in den Sommerferien die hölzernen Sitzplätze im (ehemaligen) Klassenraum des Westfälischen Schulmuseums. Geht es hier mit rechten Dingen zu? „Sicher“, werden vernünftige Leute nun antworten: „Die 20 Kinder (und ihre Eltern) wurden vom Familien-Projekt zu einer Besichtigung der Ausstellung

Gespannt sitzen Kathi, Cayenne und Cayman (1.Reihe von links nach rechts) auf der Treppe und drehen an den Handkurbeln ihrer Taschenlampen. Was sie wohl gleich im dunklen Ausstellungsraum erwartet?
Abrakadabra! Der Ausstellungstitel klingt zum Glück alles andere als sicher und vernünftig. Er klingt ein wenig nach Gruselgeschichten, nach Märchen, er verspricht Spannung. „Vielleicht geht es bei der Ausstellung auch um Bibi Blocksberg oder die Hexe Lilli“ hofft die siebenjährige Cayenne, die nur gute Hexen kennt.
Dass es auch böse Hexen und Sagengestalten gibt, erfahren Cayenne und der siebenjährige Jonas ein wenig später. Da sitzen sie bereits mit neun anderen Kindern auf der jahrhunderteal-ten, grau gefliesten Schultreppe und lauschen der Museumspädagogin Heike Grazek: „Sagen sind tolle Geschichten, die man früher erzählt hat – und diese Geschichten sollen tatsächlich so passiert sein.“ Haben Cayenne und Jonas deswegen jetzt Angst? „Nö“, sagt Jonas. Dabei dreht er die Kurbel einer handbetriebenen Taschenlampe, die Heike Grazek vor dem Gang in den stockfinsteren Ausstellungsraum verteilt hat. Auch der sechsjährige Elias, der weiß, dass Hexen auf Besen reiten, freut sich auf die Hexensuche im Dunkeln. Die surrenden Handkurbeln der zwei Dutzend Taschenlampen halten alle schauerlichen Gestalten auf Distanz – ganz bestimmt!

Museumspädagogin Heike Grazek erkundet zusammen mit Florian und Elias (v. links n. rechts) die erste Station, die sich dem sagenumwobenen heiligen Reinoldus widmet.
„Wer findet die Hexe Nr. 1?“ fragt Heike Grazek, da laufen die Kinder auch schon los. Sie stromern im Taschenlampenlicht zwischen den Regalen umher, die in Reihen angeordnet wurden und im Finsteren den Gängen eines Labyrinths gleichen. „Ich habe sie“, rufen mehrere Kinder und zielen mit ihren Taschenlampenlichtern auf ein buntgewandetes Stoffpüppchen mit einem Besen, das an einem Fichtenregal baumelt. Vor den Knien des Hexenpüppchens prangt ein rundes, blaues Schild mit einer schwarzen Eins drauf. Wie niedlich!
An der Rückwand des Regals zeigt ein Plakat Dortmunds Stadtpatron - den heiligen Reinoldus. Seine Geschichte ist jedoch keineswegs putzig: „Reinoldus ist ein Verwandter von Karl dem Großen gewesen. Er war sehr gläubig “, erzählt Heike Grazek: „Als er beim Bau des Kölner Doms half, verlangte er aus Sicht der anderen Arbeiter zu wenig Lohn. Sie wurden deswegen sauer und ermordeten ihn.“ Danach wird die Erzählung der Museumspädagogin Grazek sagenhaft: „Die Leute schafften es nicht, den heiligen Reinoldus in einer Kölner Kirche zu begraben. Stattdessen rollte der Karren mit dem Toten von ganz alleine bis zu jener Stelle, wo heute die Dortmunder Reinoldi-Kirche steht.“
Bilderstrecke: Ausflugsziel Westfälisches Schulmuseum

Die Geschichten, die die Kinder während der nächsten Hexen-Stationen hören, ergeben eine abenteuerliche Reise durch Deutschland: Irgendwo im Norden Deutschlands tötet Siegfried einen Drachen, badet in dessen Blut und wird dadurch fast unsterblich. Im Riesengebirge haust ein Berggeist, von dem Elias bereits gehört hat: „Der heißt Rübezwerg, oder so“, ruft der Sechsjährige und stürmt voran, um als Erster Rübezahls Wanderstab mit beiden Händen zu umfassen – einen zwei Meter hohen Baumstamm, der in einer Ecke des Ausstellungsraumes steht. Da Rübezahl der Sage nach braven Kindern nichts Schlimmes antut, bleibt der Grusel-faktor auf konstant niedrigem Niveau.
Gleiches gilt auch für die Geschichte von Till Eulenspiegel, der hoch oben auf einem Seil balancierend 150 linke Schuhe verknotet, durchtrennt und damit eine Prügelei unter seinen Zuschauern anzettelt. „Balancieren ist doch gar nicht so schwer“, verkündet Jonas. Als der Siebenjährige jedoch dann im Dunkeln vor- und rückwärts über ein Seil laufen soll, das auf dem Boden liegt, fällt ihm das anfangs gar nicht so leicht.
Die 17. Station ist die letzte. Sie präsentiert die Sagen um die Walpurgisnacht sowie einige Hexenfratzen. An dieser Station serviert Museumspädagogin Grazek den Kindern dann doch noch eine wirklich gruselige Anekdote: „Früher hieß es: Geh nie mit ungewaschen aus dem Haus, sonst nimmt dich eine böse Hexe mit.“ Wie reagieren die Kinder auf diese furchteinflö-ßende Vorstellung? „Das würde Bibi Blocksberg bestimmt nicht zulassen“, kontert Cayenne und die sechsjährige Kathi pflichtet ihr bei.
Damit sich im Nachhinein dennoch keine angstmachenden Gefühle einstellen, geht es zurück in den ehemaligen Klassenraum. „Ihr könnt nun Sachen basteln, die Euch vor bösen Hexen schützen“, verkündet Heike Grazek und verteilt Silberfolie, aus der sich die Kinder ein schüt-zendes Amulett basteln. Dazu stanzen sie den Zauberspruch „Abrakadabra“ oder ein Penta-gramm in die Metallfolie.
Beschwingt endet der
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