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Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Jesús González Rebordinos

Verkehr

Tödliche Unfälle: Plakat-Aktion gegen Raser*innen soll Verkehrsteilnehmende sensibilisieren

Nachricht vom 07.03.2022

Tödliche Unfälle wegen überhöhter Geschwindigkeit ist trauriger Alltag der Polizei. Das Polizeipräsidium Dortmund und die Stadt stellen nun neue Plakate gegen Raser vor, um Verkehrsteilnehmende zu sensibilisieren. Zudem berichtet die Polizei von der aktuellen Entwicklung der Raser-Szene in Dortmund

Plakataktion auf der B1 in Dortmund gegen Raser*innen.

Plakataktion auf der B1 in Dortmund gegen Raser*innen.
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Polizei Dortmund

Die Polizei und die Stadt Dortmund setzen eine im Oktober 2021 gestartete Kampagne gegen das Rasen fort. Im Fokus von drei neuen Plakaten auf der B1 stehen potentielle Verbrecher. Rasende Verbrecher, die bei einem verbotenen Rennen ihre Insassen und unbeteiligte Verkehrsteilnehmer*innen töten oder mit lebenslang anhaltenden Folgen schwer verletzen können. Die Kampagne soll Teilnehmer*innen dieser gefährlichen Rennen wachrütteln.

Aufrüttelnde Motive

Die drei Motive erzählen hintereinander aufgestellt eine auf der B1 im Vorbeifahren nachvollziehbare Geschichte und zeigen:

  • ein Rennen ("Du rast")
  • einen schwer beschädigten Golf GTI ("Einer stirbt") und
  • einen Haftraum der Justizvollzugsanstalt Dortmund ("Hier wohnst Du dann").

Die großflächigen Plakate führen Teilnehmer*innen verbotener Rennen die Konsequenzen ihres verantwortungslosen und kriminellen Handelns vor Augen. Polizeipräsident Gregor Lange: "Die Teilnehmer entscheiden sich bewusst für ein Rennen. Bereits das ist eine Straftat. Verletzt oder tötet ein Raser einen Menschen, reden wir nicht von einem unvorhersehbaren Unglück oder einem Unfall, der jedem passieren kann – wir reden von einem Verbrechen mit weitreichenden und den Tätern auch bekannten Folgen für die Opfer. Wer so den Kick sucht, riskiert Menschenleben. Diesen Irrsinn müssen wir stoppen."

Die Aktion soll Verkehrsteilnehmende sensibilisieren.

Die Aktion soll Verkehrsteilnehmende sensibilisieren.
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Polizei Dortmund

Blick in die Szene: Dortmund und das Umland

2021 ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft nach 120 verbotenen Rennen mit 14 Verletzten (2018: 62 Rennen, 13 Verletzte) mit bis zu 200 km/h in Dortmund und auf den Autobahnen im Regierungsbezirk Arnsberg gegen meist männliche Tatverdächtige im Alter von 18 bis 35 Jahren, die bei den waghalsigen Rennen offenkundig kein Respekt vor dem Leben zeigen. Sie wohnen überwiegend in Dortmund, Iserlohn, Lünen, Hamm, Bochum, Hagen, Waltrop, Schwerte, Rheda, Köln und anderen NRW-Städten. In den meisten Fällen fuhren sie PS-starke Pkw wie Mercedes, BMW, Audi, VW und Porsche.

Bei zwei schweren Taten im Juni 2021 auf der Steinstraße in Dortmund und im August 2021 auf der Autobahn 46 bei Iserlohn hätten Beteiligte auch sterben können. Darunter eine 16-jährige Schülerin, die während einer Tat auf der Autobahn 46 bei einer sehr hohen Aufprallgeschwindigkeit vom Rücksitz eines Golf GTI auf die Fahrbahn geschleudert wurde. Drei weitere Insassen erlitten schwerste Verletzungen, die Koma-Zustände und lange Aufenthalte in Reha-Kliniken nach sich zogen. Auf der Steinstraße in Dortmund erfasste der Fahrer eines Audis bei einem Rennen mit mehr als 100 km/h den Seat einer an dem Rennen unbeteiligten 36-jährigen Frau. Sie erlitt dabei Rippenbrüche und einen Riss in der Lunge.

Staatsanwalt Osthoff vom Sonderdezernat für die Verfolgung verbotener Kraftfahrzeugrennen: "Der im Jahre 2017 in Kraft getretene § 315 d StGB sanktioniert verbotene Kraftfahrzeugrennen in erheblichem Maße. Die Beschuldigten müssen mit empfindlichen Strafen und teilweise jahrelangem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. In gravierenden Fällen können auch die bei einem verbotenen Rennen verwendeten Kraftfahrzeuge eingezogen werden."

Nach Anklagen mussten die Täter im vergangenen Jahr hohe Geldstrafen zahlen (bis zu 10.500 Euro) und bis zu 30 Monate ihre Führerscheine abgeben. Die inzwischen gesammelten Erkenntnisse der Polizei über das Verhalten der Täter: Sie machen sich mit sehr selbstbewusstem Auftreten einen Spaß aus ihrem riskanten Verhalten und halten sich bisweilen für unsterblich, sind sich keiner Schuld bewusst. Während der Kontrollen treten die Täter auch respektlos und aggressiv auf.

Immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen wegen erhöhter Geschwindigkeit.

Immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen wegen erhöhter Geschwindigkeit.
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Polizei Dortmund

Mit einer Null-Toleranz-Strategie gegen Straftäter

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal über das gefährliche Verhalten der Raser: "Wir lassen in unserem gemeinsamen Engagement gegen die Raserszene in Dortmund nicht locker. Personen, die ohne Skrupel das Leben anderer Menschen und ihr eigenes gefährden, sind in Dortmund fehl am Platz. Dieses unverantwortliche Verhalten bringt unvorstellbares Leid über die betroffenen Familien und Freunde der Opfer. Das macht der zweite Teil dieser gemeinsamen Plakat-Aktion deutlich. Dortmund soll für alle Menschen ein sicherer Ort sein."

Die Polizei und das Ordnungsamt der Stadt bauen seit 2018 in gemeinsamen Einsätzen mit einer Null-Toleranz-Strategie vor allem auf dem Wall und den Zufahrtsstraßen einen hohen Kontrolldruck auf, der nach Verstößen immer wieder zur Sicherstellung von Fahrzeugen, Führerscheinen und Mobiltelefonen führt. Daraus können auch Medizinisch-Psychologische Untersuchungen (MPU) resultieren. Einsätze, strategische Fahndungen sowie stationäre und mobile Tempokontrollen sollen die Straßen unattraktiv und vor allem sicher machen. Ermittlungen gegen Tatverdächtige führt die Polizei gebündelt in der Schwerpunkt-Sachbearbeitung eines Verkehrskommissariats.

Erst ein Gutachten, dann den Führerschein zurück

2021 informierte die Polizei die Fahrerlaubnisbehörde der Stadt in rund 30 Verfahren gegen Raser. Verurteilt das Amtsgericht einen Anklagten auf Grundlage von § 315d StGB und entzieht ihm die Fahrerlaubnis, verhängt die Stadt zusätzlich eine Sperrfrist, in der die Fahrerlaubnis nicht erteilt werden darf.

Raser können die Neuerteilung der Fahrerlaubnis zum Ablauf der Sperrfrist beantragen. Neben den Verwaltungsgebühren kommen dann die Kosten für eine MPU hinzu, so dass schnell vierstellige Beträge erreicht werden. Erst mit positivem MPU-Gutachten wird eine Neuerteilung möglich. In neun Verfahren wurde die Fahrerlaubnis entzogen bzw. eine Sperre für den (Neu-) Erwerb der Fahrerlaubnis durch das Amtsgericht verhängt - zum Teil mit langen Sperrfristen von über einem Jahr. Vier der verurteilten Raser besaßen keine Fahrerlaubnis und dürfen diese vor Ablauf der Sperrfrist auch nicht erwerben.

Deutliche Worte findet auch der Leitende Polizeidirektor Ralf Ziegler als Leiter der Direktion Verkehr der Dortmunder Polizei: "Raser sind respektlos. Töten sie einen Menschen, zerstören sie Familien und Freundschaften. Denn hinter jedem Opfer stehen mindestens 100 Familienangehörige, Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen, aus deren Mitte ein Mensch gerissen wird. Ich fordere Raser auf: Hören Sie auf damit. Zeigen Sie Respekt vor dem Leben." Seit rund zehn Jahren informiert auch das Polizeipräsidium Dortmund mit dem "Crash Kurs NRW" Schüler*innen über Unfallrisiken im Straßenverkehr. Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Notfallseelsorger, Unfallbeteiligte und Angehörige berichten, wie sie sehr schwere Unfälle erlebt haben.

Claudia Wagner mit dem Portrait ihrer Tochter Marie, die mit 18 Jahren 2014 durch einen 27-jährigen Raser, der alkoholisiert und unter Drogen stand, getötet wurde.

Claudia Wagner mit dem Portrait ihrer Tochter Marie, die mit 18 Jahren 2014 durch einen 27-jährigen Raser, der alkoholisiert und unter Drogen stand, getötet wurde.
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Fachbereich Marketing + Kommunikation / Roland Gorecki

Mutter appelliert an Raser: "Geben Sie dem Tod meiner Tochter einen Sinn"

Unter den "Crash Kurs"-Darsteller*innen ist auch die Dortmunderin Claudia Wagner. Am 11. Juni 2014 tötete in Nürnberg ein Raser ihre damals 18-jährige Tochter Marie. Mit ihren Beiträgen beim Crash Kurs möchte Claudia Wagner dem Tod ihrer Tochter einen Sinn geben. Sie berichtet aus der Perspektive einer Mutter über den Verlust ihrer Tochter.

An die Raser-Szene in Dortmund richtete Claudia Wagner am 8. März bei einem Medientermin auf der Bundesstraße 1 eine klare Botschaft: "Meine Marie hätte jetzt ihr Studium abgeschlossen. Sie würde ins Berufsleben starten und später eine eigene Famile gründen. Und ich würde heute nicht hier stehen, um vor den tödlichen Folgen eines Rennens zu warnen und über das für Außenstehende nicht nachvollziehbare und vor allem vermeidbare Leid der Angehörigen sprechen. Ihnen, den Rasern, sage ich: Freundschaft und Familie haben sicher auch bei Ihnen einen sehr hohen Stellenwert. Wenn das so ist, dann stoppen Sie bitte ein für alle Mal diese verbotenen Rennen. Geben Sie Maries Tod einen Sinn."

Dieser Beitrag befasst sich mit Verwaltungsangelegenheiten der Stadt Dortmund. Dieser Hinweis erfolgt vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung.