Sommertour
Dortmund schafft Umweltqualität und Arbeit durch Klimaschutz: OB Westphal lässt sich Entwicklungen zeigen
Klima ist Heimspiel - davon lässt sich OB Westphal an Tag 7 der Sommertour überzeugen. Er besucht Dortmunder Betriebe, die mit ihren Ideen und Geschäftsmodellen dafür sorgen, dass die Stadt auf künftige klimatische Herausforderungen rechtzeitig reagieren und zudem Jobs der Zukunft anbieten kann.
Sommertour 2022: Dortmund schafft Umweltqualität und Arbeit durch Klimaschutz Quelle: YouTube
Innovative Unternehmen und Forschung, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist: Am siebten Tag seiner Sommertour überzeugte sich Oberbürgermeister Thomas Westphal davon, dass Klimaschutz und Arbeitsplätze Hand in Hand gehen.
Abfallprodukte sinnvoll nutzen
Für die meisten Zeitgenoss*innen dürfte Ruß ein unnützes Abfallprodukt einer schlecht verlaufenen Verbrennung sein. Ganz anders die hochwertigen Industrieruße der Deutsche Gasrußwerke GmbH & Co (DGW), inzwischen besser als "Carbon Black" bekannt. Das Dortmunder Traditionsunternehmen wurde 1936 gegründet und beliefert die Reifen- und Chemieindustrie sowie Partner aus der Farb-, Druck- und Kunstoffproduktion mit Carbon Black unterschiedlicher Qualitäten und leistet gleichzeitig einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit. So wird etwa das bei der Produktion anfallende Restgas mittels Nachverbrennung verstromt und für die Wärmeproduktion genutzt.
"Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell"
Auf diese Weise deckt DGW den Eigenbedarf an Strom, der Überschuss wird in das Stromnetz der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (DEW21) eingeleitet. Mit einer 1993 in Betrieb genommen Fernwärmeübergabestation liefert das Unternehmen einen wesentlichen Anteil an der Dortmunder Fernwärme. "Wir sehen Nachhaltigkeit als unser Geschäftsmodell. Einsparungen beim Gasverbrauch sind gerade in der aktuellen Situation betriebswirtschaftlich notwendig und Teil unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung", erklärte DGW-Geschäftsführer Harald Baumgart Oberbürgermeister Westphal mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Außerdem möchte man bei DGW bis 2050 CO2-neutral produzieren, gab Baumgart einen Ausblick in die Zukunft.
Bilderstrecke: Sommertour 2022 - "Dortmund schafft Umweltqualität & Arbeit durch Klimaschutz"

Grüner Wasserstoff aus Dortmund
"Wir machen grünen Wasserstoff möglich!", lautet die Maxime von WEW GmbH um das Gründer*innenteam Dr. Wiebke Lüke, Dr. Gregor Polcyn und Dr. Lukas Lüke. Das leistet WEW ("Water Electrolysis Works") durch die Produktion von Stacks. Das sind Stapel aus Brennstoffzellen, mit denen in einer sogenannten "kalten Verbrennung" die chemische Reaktionsenergie von Wasserstoff und Sauerstoff in elektrische Energie umgewandelt wird. Auf Basis eines neuentwickelten Stackdesigns kann der Einsatz von Material minimiert und die Verwendung kostenintensiver Rohstoffe vermieden werden. Am Ende steht ein hocheffizientes und nachhaltiges Produkt, das der Wasserstoffindustrie zur Verfügung steht. "Dortmund spielt im Bereich Wasserstoff eine herausragende Rolle", stellte Wiebke Lüke mit Verweis auf den Dortmunder Standort von Thyssenkrupp Nucera fest. "Hier trifft Weltkonzern auf innovatives Startup", so Lüke weiter. Die WEW GmbH wurde 2021 gegründet und hat ihren Sitz auf PHOENIX West im Technologiezentrum der Stadt Dortmund.
Starke Fasern
Die technische Entwicklung und Fertigung von Faserverbundteilen aus Naturfasern hat sich die Cropfiber GmbH auf die Fahnen geschrieben. Das 2019 von Nils Freyberg gegründete Unternehmen denkt bei der Entwicklung seiner Produkte ganz im Sinne einer Kreislaufwirtschaft: Durch den Einsatz von Naturfasern werden die ökologischen Auswirkungen des Lebenszyklus' eines Produkts in der Regel stark verringert, außerdem dessen Entsorgung bzw. Recycling von Anfang an mitgedacht. "Für unsere Produkte verwenden wir zum Beispiel Fasern aus Flachs, der in Belgien und Frankreich angebaut und in Stuttgart weiterverarbeitet wird", weiß Nils Freyberg.
"Der Flachs dient beim Anbau als Zwischenpflanze, der die Böden mit Nährstoffen anreichert." Ist der Lebenszyklus eines Produkts an sein Ende gelangt, so kann dieses CO2-neutral verbrannt werden. Für die hohe Qualität der von Cropfiber hergestellten Produkte steht repräsentativ die Dachbox der Marke Asphaltkind, die aus Naturfaserkomponenten (NFK) anstelle der sonst üblichen Materialien Carbon- oder Glasfasern besteht. Zum Abschluss verschaffte sich Thomas Westphal einen Überblick über die Produktion und legte beim Drapieren einer Faserkomponente selbst Hand an. "Ich bin überrascht, wieviel hier in Handarbeit funktioniert", zeigte sich der Oberbürgermeister beeindruckt und verwies auf den Trend, dass gerade manuell hergestellte und langlebige Produkte wieder verstärkt nachgefragt werden.
Hochspannung im Faradayschen Käfig
Fragen des Transports von Strom aus regenerativen Quellen stehen im Fokus des HGÜ-Testzentrums der TU Dortmund. HGÜ steht für "Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung". Mit dieser Technik ist es möglich, Strom über große Entfernungen mit wesentlich geringeren Verlusten im Vergleich zur Übertragung mit Wechselstrom zu transportieren. Das zahlt sich etwa aus, wenn im Rahmen des Netzaufbaus von Nord nach Süd regenerativ erzeugter Strom, der in Norddeutschland produziert wird, in Süddeutschland genutzt werden soll.
Vor diesem Hintergrund erforscht das Team der TU etwa die Beschaffenheit von Landkabeln und deren Systemkomponenten, zu denen neben dem Kabel an sich auch Muffen oder Freiluftendverschlüsse gehören, mit Blick auf deren Tauglichkeit unter Gleichstrombedingungen. Dazu gehören auch Fragen der Isolierung. Hier richten die Forscher*innen derzeit den Blick auf Polyethylen, das perspektivisch Erdöl als Isolationsmaterial ablösen soll. "Dabei beobachten wir auch das Auftreten physikalischer Effekte, die unter Gleichstrom auftreten", erklärte Saskia Frobin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Hochspannungstechnik, OB Westphal beim Rundgang durch das Zentrum, dessen Halle "wie ein faradayscher Käfig aufgebaut ist", wie Prüffeldingenieur Joachim Berns ergänzt. Berns war federführend an Planung und Umsetzung des Testzentrums beteiligt, das 2018 in Betrieb genommen wurde. "Angesichts der ausgefeilten Mess- und Prüftechniken darf hier keine Hochfrequenzenergie nach außen dringen, und von dort soll auch keine empfangen werden", so Berns weiter, "etwa durch Mobilfunkmasten."
Joachim Berns war auch Teilnehmer des letzten Besuchs von Thomas Westphal am siebten Sommertour-Tag. Im Smart Grid Technology Lab der TU Dortmund tauschten sich rund 50 Akteur*innen aus Dortmund, darunter Christian Rehtanz, Professor für Energiesysteme und Energiewirtschaft an der TU, mit dem Oberbürgermeister über Energie und Klimaschutz in Dortmund aus. Moderiert vom Leiter des Chief Innovation/Information Office (CIIO) der Stadt Dortmund, Dr. Jan Fritz Rettberg, diskutierten die Teilnehmer*innen etwa den Status quo des deutschen Stromnetzes, dessen Stabilität und Ausbau, vor allem im Hinblick auf regenerative Erzeugungsquellen. Thomas Westphal beschrieb in diesem Rahmen ein Szenario, wie die Energiesicherheit Dortmunds künftig auch ohne russisches Gas gewährleistet werden kann.
Text: Torsten Tullius
Hintergrund
Oberbürgermeister Thomas Westphal nutzt im Sommer 2022 die Zeit ohne Gremiensitzungen, um mit möglichst vielen Bürger*innen in den zwölf Dortmunder Stadtbezirken ins Gespräch zu kommen. Er spricht mit Kindern und Jugendlichen, mit Unternehmer*innen, Vertreter*innen des Einzelhandels in den Vororten oder auch mit Lehrer*innen und Auszubildenden. Westphal besucht in Dortmund - der Großstadt der Nachbarn - Sport- und Kleingarten-Vereine und lässt sich innovative unternehmerische Ideen vorstellen.
Dieser Beitrag befasst sich mit Verwaltungsangelegenheiten der Stadt Dortmund. Dieser Hinweis erfolgt vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung.