Fritz-Henßler-Haus
Eine zauberhaft-zirzensische Erfolgsgeschichte: Fritzantino feiert 45. Jubiläum
"Lasst uns doch mal einen Zirkus machen!": Mit dieser Idee starteten vor 45 Jahren zwei pädagogische Mitarbeiter*innen des Fritz-Henßler-Hauses ein Pionier-Projekt: den Zirkus Fritzantino. Was 1977 für ein Sommerfest im städtischen Haus der Jugend begann, ist aus der pädagogischen Landschaft in Dortmund längst nicht mehr wegzudenken.

Trapez-Nummer aus Jubiläumsprogramm "Unisono"
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Fachbereich Marketing + Kommunikation / Anja Kador
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unterschiedlicher Herkunft und Nationalität gestalten inzwischen mehrere Auftritte jährlich. Mit 150 Teilnehmer*innen gehört Fritzantino bereits zu den großen Kinder- und Jugendzirkussen in NRW – dennoch warten derzeit 225 Kinder und Jugendliche auf ihre Aufnahme.
Seinen Geburtstag feiert der Zirkus Fritzantino mit der Jubiläumsshow "Unisono", für die Anna Spaenhoff, Vorsitzende des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie, die Schirmherschaft übernommen hat. Wie damals bringen 11- bis 25-Jährige unter der Leitung von Nicole Voß ihre Fähigkeiten und Talente in ein gemeinsames Programm ein. Für mehrere Generationen ist Fritzantino zu einem unvergesslichen Teil ihres Lebens geworden. Für den Gala-Tag am Samstag, 17. September, gibt es noch Restkarten. Weitere Karten sind für den 16. September, 19:00 Uhr, und den 18. September, 16:00 Uhr, im Verkauf bei Proticket.
Am Anfang war Improvisation
Von "Zirkuspädagogik" war anfangs noch keine Rede. Wilde Löwendressuren tobten durch die im Gartensaal improvisierte Manege, und "der stärkste Mann der Welt" vollführte seinen Kraftakt vor den Augen der staunenden Eltern. Erst nach dem ersten Zirkus-Projekt erkannten die Pädagog*innen den großen Wert für alle teilnehmenden Kinder und Jugendlichen. Auch die Kinder forderten eine Fortsetzung – bis es zu einem wöchentlichen Zirkustraining in Akrobatik, Jonglage, Zauberei oder Luftartistik kam. Die Mitarbeiter*innen bildeten sich fort, um den Kindern neue Kunststücke und Tricks beibringen zu können. Der Zirkus Fritzantino war zu einem Gemeinschaftsprojekt des Hauses geworden – und ist es bis heute.
Dem Wandel der pädagogischen Arbeitsstruktur des Hauses geschuldet, aber auch, weil die Kinder und Jugendlichen schon bald ein höheres zirzensisches Niveau erreichten, wurden Trainer*innen aus anderen Zirkussen und sogar Profiartisten verpflichtet. Es folgten Gastauftritte in verschiedenen Institutionen, anderen Zirkussen und auf Festivals. Zu den Höhepunkten gehören die Teilnahmen an großen Zirkusfestivals in Köln, Hannover und Mannheim.
Der Zirkus Fritzantino war aber auch selber Ausrichter internationaler Veranstaltungen, zuletzt im Jahre 2000 mit dem Zirkusfestival Circodo. Zu seinem 40. Jubiläum veranstaltete Fritzantino eine Convention mit vielen Kinder- und Jugendzirkussen aus der Region.
Für hunderte Kinder und Jugendliche aus Dortmund und Umgebung war der Zirkus Sozialisationsinstanz und eine zweite Familie – einige blieben ihm sogar im Erwachsenenalter erhalten, z.B. als Mitglied im Förderverein. So besteht der aktuelle Trainer*innenpool zu großen Teilen aus einer Generation ehemaliger Zirkuskinder mit einem hohen Maß an Zusammenhalt und einer starken Identifikation.

Eine Auswahl von Plakaten vergangener Zirkusshows präsentieren (v.li.) Thomas Stulert (Zirkusteilnehmer der ersten Stunde), Schirmherrin Anna Spaenhoff (Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Kinder und Familie), Oliver Gernhardt (Bereichsleiter Kinder- und Jugendförderung im Jugendamt), Nicole Voß (Leiterin Zirkus Fritzantino), Santosh Kumar-Wadwa (ehemaliger Teilnehmer) und Dr. Jo Jonas ( Leiter FHH).
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Fachbereich Marketing + Kommunikation / Anja Kador
Der Zirkus Fritzantino heute
Seit seiner Gründung präsentiert der Zirkus Fritzantino in fünf bis sechs Auftritten jährlich ein neues zweistündiges Programm, das zurzeit von 65 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsene im Alter von elf bis 25 Jahren gestaltet wird. Neben der Auftrittsgruppe nehmen weitere 85 Kinder und Jugendliche an verschieden Grundlagentrainings teil.
Trainiert wird im Fritzantino von Montag bis Freitag in 40 altersgemischten Gruppen unter fachkundiger Leitung der Zirkustrainer*innen. Ergänzende Workshops mit professionellen Artist*innen haben erheblich zur Weiterentwicklung des Programms beigetragen. Heute bietet das zweistündige Zirkusprogramm eine bunte Palette der Zirkuskunst: Artistik, Jonglage, Zauberei, Clownerie, Balancekünste und vieles mehr.
Zirkuspädagogik ist mehr als ein Medium
Die Programme und Aufführungen im Herbst und Winter schweißen die jungen Artist*innen zusammen und sind wichtige Bausteine in der Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Persönlichkeitsentwicklung. Das Entdecken eigener Fähigkeiten und Talente, aber auch das Anerkennen eigener Schwächen gehören ebenso zum Zirkus-Erlebnis wie der Respekt vor den Leistungen anderer. Sich in einer Gruppe von Einzelkünstlern zu einem großen Ganzen ergänzen zu können, fördert die eigene Ich- und Identitätsbildung jedes Teammitglieds. Auf diese Weise macht Zirkuspädagogik kooperations- und teamfähig.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Zirkuspädagogik auch wissenschaftlich erforscht und hat sich als Methode und didaktisches Medium in der pädagogischen Arbeit etabliert. Zirkus ist sprachübergreifend und bietet Menschen mit verschiedensten Voraussetzungen einen idealen Lernort. Artistische Höchstleistungen, Konkurrenz- und Wettkampfgedanken rücken dabei in den Hintergrund – im Vordergrund stehen der Spaß an der Sache und das intensive Gemeinschaftserlebnis.
"Für mich als Kind vom Borsigplatz war der Zirkus ein Zufluchtsort und eine zweite Familie. Wir waren und sind eine sehr starke Gemeinschaft", sagt Santosh Kumar-Wadwa (44), der seit seinem 12. Lebensjahr auf der Bühne stand und anschließend selbst Gruppen trainierte. Heute sind seine Kinder beim Zirkus Fritzantino mit dabei, er selbst arbeitet im Vorstand des Fördervereins FritzantinoFreunde e.V. mit.
Fritzantino macht Schule
Gemeinsam mit dem Förderverein wurde das Projekt "Zirkus macht Schule – Zirkus Fritzantino als außerschulischer Lernort" ins Leben gerufen. Hier haben Schulklassen die Möglichkeit, einen Schultag im Fritz-Henßler-Haus zu verbringen und sich in verschiedenen Zirkusdisziplinen zu erproben.
Darüber hinaus war der Zirkus Fritzantino in den vergangenen Jahren immer wieder bei Außenauftritten und Mitmachaktionen in Dortmund vertreten, z.B. bei Dortbunt!, beim E-Bike-Festival, beim Demokratiefestival gegen Rechts, der Museumsnacht oder der "Sportler des Jahres"-Gala im Fußballmuseum sowie der Kinderlachen-Gala in der Westfalenhalle.
"Der Zirkus Fritzantino trägt seit viereinhalb Jahrzehnten dazu bei, die jugendkulturelle Arbeit des Fritz-Henßler-Hauses weit über die Grenzen der Einrichtung hinaus sichtbar zu machen", sagt Dr. Jo Jonas, Leiter des FHH. "Fritzantino schafft für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene einen verlässlichen Ort, an dem sie in einem durchdachtem zirkuspädagogischen Konzept, unter partizipativer und fachlich kompetenter Betreuung, die Möglichkeit haben, sich physisch und psychisch zu entwickeln."
Dieser Beitrag befasst sich mit Verwaltungsangelegenheiten der Stadt Dortmund. Dieser Hinweis erfolgt vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung.
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