Der Nordmarkt in Dortmund

Innenstadt-Nord

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Hubert Nagusch

Der Nordmarkt

Marktstand

Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Lutz Kampert

Der Nordmarkt ist ein vier Hektar großer innerstädtischen Park in der Dortmunder Nordstadt. Im Zuge einer Wohnumfeldverbesserung wurde der gesamte Park neu gestaltet. Seit der Fertigstellung bietet der Park den Anwohnern wieder eine Stätte zum verweilen und zum Müßiggang.

Die Geschichte des Nordmarktes

1898 - 1909

Ein Platz wird angelegt

Von der Idee bis zur Umsetzung

In der planmäßig angelegten Nordstadt sieht Stadtbaumeister Brandhoff 1858 elf "Schmuckplätze" zur Auflockerung der engen Wohnbebauung vor. Im Dortmunder "Generalplan" von 1898 erscheint dann im Herzen der Nordstadt ein großer rechteckiger Platz. Doch es dauert noch rund ein Jahrzehnt, bis dieser Entwurf umgesetzt wird.

Von 1907 bis 1909 legt man den "Nordmarkt" an. Nördlich der auf 26 Meter Breite aufgeweiteten Mallinckrodtstraße entsteht ein ca. 4 Hektar großer Rechteck-Platz. Dem Zeitgeschmack folgend ist alles darauf streng geometrisch angeordnet, die Rosenrabatten, Rhododendren-Gruppen und die gusseisernen Einfassungsgitter für die Beete. Ein X-förmig angelegtes Wegesystem erschließt einen Freifläche im Platz-Zentrum.

Der "Flanierraum" dient sich verlustierenden Spaziergängern und er ist von Lindenbäumen beschattet. Ringförmig um den äußeren Platzrand legen die Gartenbauer einen breiten gepflasterten und später asphaltierten Bereich an, gesäumt von Platanen. Hier findet ein Wochenmarkt statt. An der Südseite des Nordmarktes entstehen etwas später eine Bedürfnisanstalt und ein Kiosk.

Nordmarkt, 1916

1916 - 1932

Der Nordmarkt in der Weimarer Republik

Vom Steckrübenwinter bis zur "Schlacht am Nordmarkt"

Der Nordmarkt sieht im sog. "Steckrübenwinter" des I. Weltkrieges 1916/1917 lange Schlangen von hungernden Menschen vor der dortigen großen Lebensmittelausgabestelle der Stadtverwaltung. 1919 benennt die junge Weimarer Republik den Nordmarkt um; fortan heißt er "Platz der Republik". Wochenmarkt wird hier noch immer abgehalten, aber der Platz rückt zunehmend in den Blickpunkt politischer Auseinandersetzungen: Demonstrationen und gewaltsame Auseinandersetzungen finden hier statt.

Freikorps-Soldaten nehmen 1920 auf dem Nordmarkt einen Arbeiter fest. Er muss sich bei einer Durchsuchung nach Waffen entkleiden. Dabei entdecken die Soldaten ein großes längliches Muttermal, welches über die Schulter des Festgenommenen verläuft. Da sie vermuten, es handele sich um den Abdruck eines Gewehr-Trageriemens, töten die Soldaten den Arbeiter auf der Stelle. Sein Kopf wird zur Abschreckung auf einen Pfahl gespießt und am Nordmarkt aufgestellt.

Am 16. Oktober 1932 zieht eine ca. 800köpfige SA-Formation in einem Propagandamarsch zum Nordmarkt. Die braunen Uniformträger fordern damit die in der Nordstadt stark vertretene kommunistische Organisation "Kampfbund gegen den Faschismus" und das sozialdemokratische "Reichsbanner" heraus. Es kommt zu einer Schießerei, der sogenannten "Schlacht am Nordmarkt" zwischen SA, Kommunisten, Sozialdemokraten und der Polizei. Opfer der Polizeikugeln werden allerdings nur unbeteiligte Anwohner und Passanten: Eine Mutter stirbt beim Vorlesen einer Geschichte für ihr Kind im Schlafzimmer, ein ahnungsloser Kirchgänger wird nach dem Gottesdienst vor seiner Haustür erschossen. 14 Menschen werden z. Teil schwer verletzt. Ein Mahnmal auf der Südseite des Platzes erinnert heute an die Auseinandersetzung.

1933 - 1943

Der Nordmarkt in der NS-Zeit

Von der Umbenennung des Platzes bis zu Zerstörungen durch Bomben

Kurz nach ihrer Machtübernahme benennen die Nationalsozialisten den Nordmarkt am 9. März 1933 um; er heißt jetzt "Horst-Wessel-Platz".

Rund eineinhalb Jahre später sieht der Platz erneut eine politisch motivierte Gräueltat. "Opa Wille", ehemaliger Schießmeister auf der Zeche "Minister Stein", verbringt als Rentner viel Freizeit auf den Bänken des Platzes. Am 1. September 1934 grüßt er bei einem Vorbeimarsch einer SA-Formation die vorangetragene Hakenkreuzfahne nicht. Das ist inzwischen Pflicht geworden im Deutschen Reich. Die SA-Leute vollziehen den Vorbeimarsch noch zweimal, ohne das "Opa Wille" den rechten Arm zum sog. "deutschen Gruß" erhebt. Als sie ihn befragen, warum er die Grußpflicht ignoriere, soll er gerufen haben: "Putzlappen hab' ich noch nie gegrüßt!". Wille wird von SA-Leuten zusammengeschlagen und stirbt wenige Tage später - vermutlich an den Folgen der erlittenen Verletzungen im Krankenhaus. Als offizielle Todesursache wird Herzversagen auf dem Totenschein angegeben.

Die Bomben des II. Weltkriegs zerstören ab 1943 die Dortmunder Nordstadt sehr schwer, getroffen wird auch der Nordmarkt und seine Umbauung.

Bilder vom Nordmarkt, ca. von 1960

Der Nordmarkt seit 1945

Von Aufräumen und Rückbenennung bis zum regelmäßigen Wochenmarkt

Die Trümmer des II. Weltkriegs werden 1945 geräumt – auch politisch. Zunächst erhält der Platz seinen alten Namen zurück, er heißt jetzt wieder Nordmarkt. Am 23. September 1945 findet die erste Unterbezirkskonferenz der Dortmunder Sozialdemokraten in der Gaststätte "Zeppelin" auf der Mallinckrodtstraße gegenüber dem Nordmarkt statt. 200 Delegierten geht es um die Neuformierung der wiedergegründeten SPD.

Der "Zeppelin", einst ein stadtbekanntes Tanzlokal, wird in den 70er Jahren geschlossen. Auf dem Nordmarkt spielen Rentner wie eh und je Skat oder Schach; ein kleiner Spielplatz wird 1971 im Platzzentrum gebaut.

Eine Grundrenovierung des Platzes steht irgendwann an. Aus Mitteln der NRW-Landesinitiative "Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf" gelingt dies 1995. Wichtig ist seinerzeit, dem Platz sein städtebauliches Erscheinungsbild aus dem Jahre 1907/09 zurückzugeben. So richtet man im südlichen Bereich auch die alten Pergolen wieder her. Die gesamte Rekonstruktion gelingt hervorragend; der Platz wird wieder verstärkt von der Bevölkerung als Treffpunkt angenommen.

Dies gilt leider auch seit ca. 1998 für die Alkoholiker- und offene Drogenszene der Stadt. Massive Beschwerden aus der Anwohnerschaft, dem Nachbarschaftsforums "Nordmarkt-Plus" und aus der örtlichen Kommunalpolitik über Belästigungen, Rauschgiftgeschäfte und Drogenkonsum führen zu einem Kurswechsel in der städtischen Sozial- und Ordnungspolitik: Im Kiosk auf dem Nordmarkt richtet die evangelische Diakonie eine Suchtberatung ein. In der nahen Braunschweiger Straße entsteht eine "Zuverdienstwerkstatt", die ihr Angebot vornehmlich an Alkoholabhängige richtet. Am 19. Mai 2002 räumt eine Einsatzhundertschaft der Polizei den Nordmarkt von ca. 150 Angehörigen der Drogenszene und spricht Platzverweise aus.

Seither ist es wieder friedlich auf dem Nordmarkt; die Menschen können sich dort entspannen. Feste und Veranstaltungen z.B. der Kulturinitiative "Nordstadtsommer" verlaufen ungestört. Die Nachbarschaftsinitiative "Nordmarkt-Plus" möchte neue Ideen umsetzen, um den Platz noch attraktiver zu gestalten, z.B. ein Eis-Cafe, eine Boulebahn, ... .

Ein großer Wochenmarkt findet seit dem II. Weltkrieg wieder regelmäßig auf dem Nordmarkt statt; jeden Dienstag und jeden Freitag. Entstanden ist der quirligste und farbenfrohste Wochenmarkt der Stadt. Der hohe Anteil von ausländischen Anwohnern/innen und Kunden/innen aus der Nordstadt sorgt dafür, dass die vielen Obst- und Gemüsestände oder die häufiger anzutreffenden Textilienstände des Nordmarktes ein besonders buntes und exotisches Bild bieten.

Marktbesucher/innen wandeln durch ein basarartiges Gedrängel und vielsprachiges Stimmengewirr. Übrigens; dank seiner ringförmigen Anordnung um den Platz kommt man bei einem einzigen Markt-Rundgang an allen Ständen vorbei.