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Grundbesitzabgaben

Ablehnung Grundsteuererlass nach Paragraph 33 GrStG für leerstehende Plattenbauten

VG Magdeburg lehnt Grundsteuererlass nach Paragraph 33 GrStG für leerstehende Plattenbauten ab und läßt Sprungrevision zum BVerwG zu

Aus den Urteilsgründen:

Der Grundsteuerpflichtige hat einen Anspruch auf Grundsteuererlass nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Grundsteuergesetz (GrStG), wenn der normale Rohertrag des in Rede stehenden Grundstücks um mehr als 20 v. H gemindert ist und der Steuerpflichtige die Minderung nicht zu vertreten hat. Normaler Rohertrag in diesem Sinne ist gemäß § 33 Abs. 1 Nr.2 GrStG vorliegend die Jahresrohmiete, die bei einer Hauptfeststellung auf den Beginn des Erlasszeitraums maßgebend wäre. Nach § 79 Abs 1 Bewertungsgesetz (BewG) ist die Jahresrohmiete das Gesamtentgelt, dass die Mieter für die Benutzung des Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben. Sofern das Grundstück oder Grundstücksteile ungenutzt sind oder der Eigentümer dem Mieter sie zu einer um mehr als 20 v. H. von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat, gilt die übliche Miete als Jahresrohmiete, die in Anlehnung an diejenige Jahresrohmiete zu schätzen ist, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird, § 79 Abs. 2 BewG.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf den beantragten Grundsteuererlass, weil es an der Minderung des ,,normalen Rohertrages" fehlt.

Vorliegend kann dahinstehen, welche Miethöhen die Klägerin in Bezug auf die zu Beginn des Steuerjahres 1997 leerstehenden Wohnungen als übliche Miete ihrer Berechnung der Ertragsminderung zugrundegelegt hat. Jedenfalls ist zur Feststellung einer erlassrelevanten Ertragsrninderung von dem üblichen Ertrag, den ein Grundstück tatsächlich regelmäßig abwirft, auszugehen. Der tatsächlich erzielte Ertrag hat eine Vermutung der Normalität für sich, und deshalb ist um seinetwillen das Vorliegen einer (beachtlichen) Minderung zu verneinen, sofern nicht die Nachforschung nach der Ertragslage bei vergleichbaren Objekten ergibt, dass die geringe Höhe des vom jeweiligen Antragsteller erzielten Ertrags auf Besonderheiten zurück geht, die den Fall als in dem gekennzeichneten Sinne atypisch erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U. v. 03. Mai 1991 BVerwG 8 C 12.89, Buchnor, 401.4, § 33 Nr.24)

In Bezug auf das von der Klägerin vermietete Wohngebäude ... und den fraglichen Wohnungsleerstand im Jahre 1997 lag kein atypischer Fall in diesem Sinne vor. Die Klägerin verzeichnet seit Jahren - aus den von ihr vorgelegten Aufstellungen ersichtlich vom 01.01.1996 bis zum 31.12.1999 - einen Wohnungsleerstand von über 20 % gemessen an der Anzahl der Wohnungen. Die nach ihrer Berechnung hieraus resultierende Ertragsminderung liegt prozentual dauerhaft über 20 %. Sie kann angesichts ihres deutlichen Anstiegs gegenüber 1996 zum Ende des Kalenderjahres 1997 keineswegs als vorübergehend bezeichnet werden.

Auf die konkreten Ursachen für einen derart dauerhaften Leerstand von Mietwohnungen kommt es schließlich nicht entscheidend an. Offensichtlich ist allerdings, dass sich seit der Stillegung der Baustelle des ...werkes 1990 ein dauerhaftes überangebot von Wchnungen entwickelte, denn eine große Zahl der ehemals auf der ...werksbaustelle Beschäftigten konnte aufgrund einer ohnehin hohen Arbeitslosigkeit in ... keine anderweitige Beschäftigung in ... finden und verließen jedenfalls zum Teil die Stadt. Hieraus resultierend zeigte sich ein Rückgang der Zahl der Einwohner um ca. 9000. Angesichts dieser zugrundeliegenden strukturbestimmenden Verhältnisse konnte das nunmehr seit 1990/91 existierende überangebot an Wohnungen in ... nicht lediglich vorübergehender Natur sein, sondern wurde zur Regel. Aus der von der Beklagten vorgelegten übersicht ergibt sich dementsprechend, dass ein sich seit 1997 ständig erhöhender Wohnungsleerstand sowohl bei der Klägerin, als auch bei der Städtischen Wohnungsgesellschaft in ... festzustellen sind. Danach beträgt der Leerstand zum 30. Juni 2000 bei der Klägerin in den von ihr verwalteten Plattenbauten 33,99 %. Damit liegt ein sich verfestigender Regelfall vor. Die Berücksichtigung von Regelfällen ist aber gerade im Rahmen von § 33 Abs. 1 GrStG ausgeschlossen.

Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner oben genannten Entscheidung ausgeführt:

„...das zu einem Erlass nach § 33 GrStG nur solche Ertragsminderungen führen können, die von erkennbar vorübergehender Natur sind. Wirft ein Grundstück auf Dauer einen geringeren Ertrag ab als andere Grurdstücke, müssen Umstände gegeben sein, die die Situation dieses Grundstücks nicht als im Vergleich zu den anderen Grundstücken atypisch erscheinen lassen, sondern die auf seine abweichende Beschaffenheit schließen lassen. Minderungen dieser Art führen nicht zur Anwendbarkeit des § 33 GrStG; ihnen muss vielmehr in der Ebene der Bewertung Rechnung getragen werden (vgl. § 88 BewG)."

Dieser Auffassung folgt die Kammer auch für den hier zu entscheidenden Fall einer dauerhaften Ertragsminderung von Mietwohngrundstücken.

Diese Betrachtungsweise entspricht auch dem Charakter der Grundsteuer als einer auf den Wert und nicht auf den Ertrag abgestellten Steuer. Der Ertrag ist unmittelbar nur für die Ermittlung des Einheitswertes von Bedeutung (vgl. Troll, Komm. zu § 33 GrStG, Rn. 6, 5. Absatz). Wird - wie hier - ein Teil der von der Klägerin unterhaltenen Wohnungen aufgrund der grundsätzlich geänderten Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt in ... seit 1990 Bestandteil eines dauerhaften überangebotes, so kann die Klägerin - wie die Entwicklung gezeigt hat - nicht mehr davon ausgehen, dass es sich lediglich um ein zeitweiliges überangebot handelt. Hierfür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Hat die Klägerin über Jahre hinweg infolgedessen Rohertragsminderungen von ca. 20 % und mehr, so ist davon auszugehen, dass sich in diesem Umfang kein normaler Rohertrag i. S. v. § 33 Abs. 1 GrStG erzielen lässt.

Eine Berücksichtigung dessen als lediglich vorübergehende und atypische Erscheinung im Rahmen von § 33 SrStG kommt bei dieser Sachlage nicht in Betracht.

Somit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerin alles ihr zuzumutende unternommen hat, um die Wohnungen ggf. zu einem wesentlich geringeren Mietpreis weiterzuvermieten und entsprechende Angebote mit der Angabe konkreter, gegebenenfalls unterhalb der Kostenmiete liegender Mietpreise in der örtlichen Presse veröffentlicht hat. Letzteres hat die Klägerin jedenfalls nicht nachgewiesen. Wenn sich allerdings - wie die Klägerin meint - trotz intensiver Bemühungen ihrerseits über mehrere Jahre die Anzahl der leerstehenden Wohnungen nicht reduzieren ließ, so kann die Miete dieser Wohnungen jedenfalls nicht in zuletzt vor dem Leerstand vereinbarter Höhe - als erzielbare Miete und damit als Teil des normalen Rohertrages in die Berechnung einer Ertragsminderung eingestellt werden. Abhilfe im Hinblick auf die Grundsteuerbelastung könnte letztlich nur eine änderung der Bewertung des Steuergegenstandes, eine faktische Reduzierung der zur Bewertung herangezogenen Wohnflächen durch Abriss oder eine deutliche Verbesserung der Attraktivität der Wohnungen und des Umfeldes durch Sanierung von Wohnungen bieten.

VG Magdeburg, Urteil vom 16.08.2000, Az. A 6 K 398/98

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