Vergnügungssteuer
VG Leipzig lehnt Stückzahlmaßstab bei Vergnügungssteuer ab
Das VG Leipzig setzte sich zunächst ausführlich mit der Satzung der betroffenen Gemeinde auseinander und befand diese für rechtswidrig. Hieraus ergab sich der Erfolg der Klage. Weiterhin führte das Gericht in den Urteilsgründen jedoch aus:
"Für zukünftige Streitigkeiten zwischen den Beteiligten weist die Kammer auf Folgendes hin:
Die Spielautomatensteuer ist eine Aufwandssteuer, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden erfassen möchte, die durch den erbrachten finanziellen Aufwand zum Ausdruck kommt. Steuerschuldner ist jedoch der Betreiber, da der einzelne sich Vergnügende nicht erfasst werden kann. Früher konnten die Einspielergebnisse nicht erfasst werden, so dass sich die Vergnügungssteuer als Pauschsteuer mit einem Stückzahlmaßstab entwickelt hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 10.5.1962, BVefGE 14, 76 ff). Hierbei wurde. der Stückzahlmaßstab als gerechtfertigt angesehen, solange er noch einen lockeren Bezug zu dem zu besteuernden Aufwand aufweist und insofern eine Durchbrechung der Steuergerechtigkeit aufgrund von Praktikabilitätserwägungen als zulässig angesehen wird (so zuletzt BVerwG, Urt v. 22.12.1999, DVBl. 2000, 910). Die Kammer ist der Auffassung, dass eine Anwendung des Stückzahlmaßstabes und damit eine pauschalierte Steuererhebung heute nicht mehr gerechtfertigt sein dürfte. Denn zum einen ist ein lockerer Bezug zwischen dem Stückzahlmäßstab und dem zu besteuernden Aufwand vorliegend nicht mehr gegeben, da die Einspielergebnisse der einzelnen Geräte, die den zu besteuernden Aufwand wirklichkeitsnah wiedergeben, teilweise um bis zu 700 % voneinander abweichen. Damit besteht kein Bezug mehr zwischen dem pauschalen Steuersatz und dem an den einzelnen Geräten nachweisbaren Aufwand, denn der jeweilige Aufwand wird so letztendlich mit sehr unterschiedlichen Steuersätzen erfasst. Praktikabilitätserwägungen dürften nach Auffassung der Kammer heute kaum noch geeignet sein, die Durchbrechung der Steuergerechtigkeit zu rechtfertigen. Zwar verfügen die kommünalen Behörden nicht über entsprechend ausgebildetes Personal wie die Finanzbehörden, aber der entstehende Verwaltungsaufwand ist nicht als so gewichtig einzuschätzen, dass er allein die weitere Anwendung des Stückzahlmaßstabes begründen könnte. Bei der Festsetzung anderer Steuerarten, bei denen ebenfalls die Einspielergebnisse zu berücksichtigen sind, wie die Umsatzsteuer und die Gewerbesteuer wird ausweislich der Angaben der Finanzbehörden auf die Angaben des Steuerpflichtigen vertraut und es werden stichprobenartige Kontrollen durchgeführt. Weshalb diese Vorgehensweise nicht auch im Hinblick auf die Vergnügungssteuer angewendet werden kann erschließt sich nicht. Eine Kontrolle der Angaben des Steuerpflichtigen anhand der manipulationssicheren Software ist ohne einen großen Aufwand möglich, denn die Software zeigt auch über einen vergangenen Zeitraum die Einspielergebnisse an, die lediglich mit den Angaben des Steuerpflichtigen zu vergleichen sind.
Letztendlich bedarf es aber über die Rechtmäßigkeit des Stückzahlmaßstabes keiner Entscheidung, da der Bescheid vom bereits aus den oben genannten Gründen rechtswidrig ist und aufzuheben war."
VG Leipzig, Urteil vom 11.06.2001 - 6 K 1222/97
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