Zehn Jahre „angekommen“ - Integrations- und Bildungsprojekt kümmert sich um zugewanderte junge Menschen
Zehn Jahre „angekommen in deiner Stadt Dortmund“ haben viel bewegt. 2015 war das Projekt gestartet, um gezielt zugewanderte Jugendliche und junge Erwachsene zu integrieren – vor allem durch einen schnellen Zugang zu Bildung. Für Dortmund war „angekommen“ ein Meilenstein in der Integrationsarbeit – und wurde für andere Städte schnell zum Vorbild.
Offiziell startete „angekommen in deiner Stadt Dortmund“ am 27. August 2015 – mitten im Flüchtlingsjahr 2015, als Tausende geflüchtete Menschen auch Dortmund erreichten. Unter den Asylsuchenden waren viele junge Menschen, die noch schulpflichtig waren, aber auch noch keine Berufsausbildung hatten. In diese Lücke stieß passgenau das Projekt „ankommen in deiner Stadt“.
Die Bilanz zum 10. Jubiläum ist eine reine Erfolgsgeschichte: Das Projekt funktioniert so gut, dass es Vorbild für viele deutsche Städte geworden ist. Unter anderem haben Essen und Bielefeld und „angekommen“ sogar übernommen. Auch Delegationen aus Schweden und den USA haben sich die Integrations- und Bildungsarbeit erklären lassen.
„angekommen“ bot und bietet geflüchteten Menschen und zugereisten berufsschulpflichtigen Jugendlichen zwischen 16 und 25 Jahren eine umfassende Förderung. Es geht darum, die jungen Zuwanderinnen und Zuwanderer individuell bei ihrem Schulabschluss und ihrem beruflichen Einstieg zu unterstützen. Sie besuchen spezielle Klassen an neun Dortmunder Berufskollegs und bekommen zusätzliche Förderung an einem außerschulischen Lernort, der „Adam's Corner“.
Der Start in einem neuen Land ist sehr schwierig
Denn die Ausgangslage ist für sie sehr schwer. In ein fremdes Land zu flüchten, bedeutet für die jungen Menschen: Sie haben oft keine Vertrauten mehr, sprechen die Sprache nicht und wissen nicht, wie Leben, Schule und Ausbildung hier funktionieren. „Gerade in dieser Situation ist es entscheidend, einen Ort zu haben, der Sicherheit, Verlässlichkeit und Zugehörigkeit bietet. ,angekommen‘ schafft das in ganz besonderer Weise – durch eine familienähnliche Struktur, durch feste Bezugspersonen und eine klare Orientierung“, sagt Monika Nienaber-Willaredt, Dezernentin für Schule, Jugend und Familie.
Dieser Ort ist bei „angekommen“ das Bildungshaus „Adam’s Corner“ am Dortmunder Westpark. Es ist ein Ort des Lernens, der Begegnung, der Beratung und Freizeitgestaltung, offen, wertschätzend und ressourcenorientiert. Hier besuchen jede Woche rund 500 Jugendliche die vielseitigen Angebote – von schulischer Förderung und Sprachkursen über Demokratielernen, Umweltbildung, Sport, Kunst und Freizeit bis zur individuellen Beratung in Fragen zu Ausbildung, Aufenthaltsrecht, Wohnen und Alltag.
Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer*innen
Vor allem die passgenaue Unterstützung, die Teilnahme an offenen Angeboten am Nachmittag und das vielfältige Ferienprogramm werden von den Jugendlichen besonders geschätzt. Hier spielt auch ehrenamtliches Engagement eine herausragende Rolle: Helferinnen und Helfer unterstützen das Team regelmäßig im Lesecafé, Lernstudio, in der Küche und in der Holzwerkstatt und leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag.
„Das alles sorgt dafür, dass sich die jungen Menschen gut aufgehoben fühlen. Das gibt ihnen die Chance, Vertrauen aufzubauen, neue Perspektiven für Schule, Ausbildung und Zukunft zu entwickeln und Schritt für Schritt in Dortmund anzukommen“, sagt Klaus Banaszak, Leiter des Projekts.
Traumabewältigung
Über 22.000 Besuche zählen die Mitarbeitenden pro Jahr. Pro Tag führen sie bis zu 15 Einzelgespräche. Da geht es um organisatorische Dinge, oft aber auch um persönliche Probleme und Sorgen: Angst vor der Zukunft, Heimweh, Trauma-Bewältigung. Eine große Herausforderung für die sozialpädagogische Beratung und multiprofessionellen Teams, die die Teilnehmenden dabei kontinuierlich begleiten.
Die positiven Effekte dieser Unterstützung lassen sich eindrucksvoll belegen – von verbesserten Abschlüssen über gelingende Integration in Ausbildung und Beruf bis zur Förderung von Gemeinschaft und Lebensperspektiven. In 2024 haben sich die Mitarbeitenden um etwa 700 junge Menschen gekümmert, von denen 271 erfolgreich in Schule, Praktika, Ausbildung, Arbeit und Studium vermittelt wurden.
Große Wertschätzung
Die Bandbreite der Berufe ist da enorm. Beispiele sind: Fachlagerist*in, Verwaltungsfachangestellte/r, Bäcker*in, Pflegefachmann/-frau, Maler*in, Einzelhandelskaufmann/frau, Lackierer*in, Koch/Köchin, KFZ-Mechatroniker*in, und Anlagenmechaniker*in bis hin zu Bauingenieur*in und Betriebswirt*in.
Studierende der sozialen Arbeit gibt es auch. Dass sie ihr Praxissemester gern bei „angekommen“ absolvieren, belegt eindrucksvoll die Wertschätzung der geflüchteten Menschen gegenüber ihren früheren Unterstützer*innen.
„Das Projekt hat mir sehr geholfen. Ich wäre sonst nicht da, wo ich jetzt bin“, sagt Ibrahim Dyari. Er kam im November 2019 aus dem Irak nach Deutschland. Damals war er 17 Jahre alt. Seit fünf Jahren nimmt er an den Angeboten von Adam's Corner Teil. In der Zeit hat er die Schule besucht und seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann abgeschlossen. Zurzeit arbeitet er in einer Netto-Filiale und nebenbei im Projekt „angekommen“. Er will andere neu zugewanderte Jugendliche unterstützen. Mit seiner offenen und herzlichen Art wird er schnell akzeptiert und kann immer wieder andere Jugendliche motivieren.
Ein enormer Faktor dabei sind kompetente Partner*innen: Die Walter Blüchert Stiftung war von Anfang an mit im Boot. „Sie war nicht nur maßgeblich an der Initiierung von ,angekommen‘ beteiligt, sondern hat mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement entscheidend dazu beigetragen, dass aus einer Projektidee eine tragfähige und erfolgreiche Struktur entstehen konnte. Ihr frühes Vertrauen in dieses Vorhaben, ihre Bereitschaft, neue Wege zu gehen, und ihre anhaltende Unterstützung sind ein Beispiel dafür, wie Stiftungen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen können“, so die Schul-Dezernentin Monika Nienaber-Willaredt.
Starke Partner*innen
Heute verbindet das innovative Gemeinschaftsprojekt die Kräfte von Stadt Dortmund, dem Land NRW, der Walter Blüchert Stiftung und dem Unternehmen Dr. Ausbüttel & Co. GmbH, das sich seit 2024 bei „angekommen“ engagiert und seit diesem Jahr fester Kooperationspartner ist.
„Wir haben uns für eine mehrjährige Förderung entschieden, weil wir davon überzeugt sind, dass dieses Projekt jungen Menschen in Dortmund nicht nur Orientierung und Bildung, sondern auch echte Zukunftschancen bietet“, erklärt Stefanie Janne Klar, Leiterin des Sozialunternehmerischen Engagements von Dr. Ausbüttel. „Ich wünsche mir, dass die Jugendlichen ihren eigenen Weg gehen können – mit dem Vertrauen, einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten zu können.“
Gemeinsam mit weiteren Partner*innen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bildung sowie zahlreichen Schulen, Unternehmen und vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern geht es immer darum, Integration als Herzstück des Zusammenlebens zu betrachten.
Anhänge
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Das Projekt „angekommen“ feierte 10. Jubiläum. Mit dabei: Ingrid Kramer (Walter Blüchert Stiftung), Ahmad Alzoubi (Dr. Ausbüttel GmbH), Klaus Banaszak (Projekt angekommen), Monika Nienaber-Willaredt (Dezernentin für Schule, Jugend und Familie), Markus Bräuer (Projekt angekommen), Martina Blank (Schul.inn.do.e.V.; v.l.n.r.)., 4 MB, JPEG Quelle: Sarah Rauch / Stadt Dortmund -
Ibrahim Dyari kam als 17-Jähriger 2019 nach Dortmund. Heute arbeitet er nebenbei bei dem Projekt mit, um andere Zugewanderte zu unterstützen., 4 MB, JPEG Quelle: Sarah Rauch / Stadt Dortmund -
Als 17-Jähriger kam Ibrahim Dyari aus dem Irak nach Dortmund. Hier hat er seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann abgeschlossen., 4 MB, JPEG Quelle: Sarah Rauch / Stadt Dortmund