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Entdeckungen

Einfach mal nur sein: „Dritte Orte" in der City

Die City ist ein quirliger Ort. Shopping, Trubel und Andrang gehören zu Stoßzeiten einfach dazu. Langfristig lebendig aber bleibt die Innenstadt nur, wenn Menschen sich dort gern aufhalten – auch jenseits von Gastronomie und Konsum. Im Freien platziert die Stadt dafür zum Beispiel gezielt Bänke, Begrünung und Beleuchtung. Mit sogenannten Dritten Orten machen verschiedene Akteur*innen auch Gebäude zu offenen Räumen des Aufenthalts und des Austauschs.

Was ist ein „Dritter Ort“?

Das Zuhause ist der erste Ort, der zweite ist der Arbeitsplatz. Dritte Orte sind laut dem amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg Orte der Gemeinschaft, die weder zur Familie noch zum Beruf gehören und doch eine wichtige Rolle im Leben spielen. Allerdings ist es auch nicht die Lieblingskneipe – der dritte Ort ist ein Raum ohne Konsumzwang. Man muss dort keinen Termin buchen und nichts kaufen. Es ist ein einladender und einfach zu erreichender Ort, in dem Menschen sich begegnen und austauschen, in Ruhe lernen, sich gemeinschaftlich engagieren, Kultur erleben. Diese Orte gibt es in der Dortmunder City.

Museum mit Willkommensraum

Foto eines Raums mit einer interagierenden Gruppe von Menschen im hinteren Teil.
Bild: Hesham Elsherif
Der STADT_RAUM ist offen für freie Nutzungen und zugleich eine Ausstellungsfläche.
Bild: Hesham Elsherif

Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte bietet freien Eintritt in seine Dauerausstellung, zählt also ohnehin schon zu den Dritten Orten. Gleich vom Foyer aus lädt es in seinen STADT_RAUM ein, der sich seit 2023 ausdrücklich als Dritter Ort bezeichnet.

Claudia Wagner, Leitung Bildung und Vermittlung im MKK, nennt ihn einen „Willkommensraum für Dortmunds vielfältige Stadtgesellschaft“. Er ist hell und offen, ausgestattet mit einer Bibliothek im Aufbau, diversen Arbeitsmaterialien, Dritte Orte in der City Inseln der Ruhe bieten Raum für Gemeinschaft – und Abkühlung Sitzgelegenheiten und Tischen. Geöffnet ist er mittwochs und donnerstags von 11 bis 20 Uhr, freitags, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Wagner: „Der STADT_RAUM richtet sich an ganz verschiedene Nutzer*innengruppen, niemand ist ausgeschlossen. Aber wir machen vor allem Menschen ein Angebot, die zuvor nicht ins Museum kamen.“

Aktuell präsentiert der Raum noch bis zum 5. Oktober 2025 die Ergebnisse des Kunstprojekts Caring Communities, das eine Gruppe von Queers of Color erarbeitet hat. Multifunktionalität ist Wagner wichtig, denn der Raum zeigt Ausstellungen, soll aber gleichzeitig auch als Arbeits- und Veranstaltungsraum funktionieren. Begegnung ist hier Programm. Und Überraschung ebenso. Claudia Wagner: „Wer das Museum besucht, ist überrascht, dass es parallel hier im STADT_RAUM aktuelle Positionen zu entdecken gibt. Und durch den STADT_RAUM kommen tatsächlich Menschen ins Museum, die diesen Weg sonst nicht gefunden hätten.“

Refugium und Rikscha

Foto eines Geistlichen, der eine Frau in einer Fahrradrikscha fährt.
Bild: Benito Barajas
Pastor Stephan Tausch (r.) tritt gern selbst in die Pedale – in der Rikscha kommt er mit seinen Fahrgästen ins Gespräch: über Gott und die Welt. © Benito Barajas
Bild: Benito Barajas

„Unsere Botschaft ist zeitlos modern“, sagt Pastor Stefan Tausch, Leiter des Katholischen Forums: „Menschen auf der Suche willkommen heißen, Räume für Begegnungen schaffen, Menschen zur Ruhe kommen lassen.“ All dies bietet das Refugium, initiiert vom Katholischen Forum. Wer den lichtdurchfluteten Raum im Propsteihof betritt, darf sich niederlassen, muss nichts konsumieren, findet Gesprächspartner* innen oder Ruhe. Studierende laden ihr Handy im WLAN auf, Menschen ruhen sich nach dem Einkauf aus oder verbringen hier ihre Mittagspause, Schulkinder nehmen die Hausaufgabenhilfe wahr.

Für einen Smalltalk, aber auch für tiefere Gespräche stehen qualifizierte Ansprechpersonen bereit, sorgsam auf ihre Aufgabe vorbereitet. Tausch: „Wir handhaben das wie bei der Telefonseelsorge, denn es können auch herausfordernde Gespräche auf unser Team zukommen.“ Tod, Trauer, Krankheit, Lebens- und Sinnkrisen sind solche Themen. Die Menschen kommen auch untereinander ins Gespräch, sogar eine Ehe wurde hier schon gestiftet. „Wir begegnen damit einem großen aktuellen Problem: der Einsamkeit“, sagt Tausch. 40 bis 80 Gäste pro Tag zeigen, dass das Angebot auf der Höhe der Zeit ist.

Die Türen des Refugium stehen dienstags bis samstags von 10 bis 18 Uhr offen. Tausch sieht zwei weitere Angebote des Katholischen Forums als mobile Dritte Orte an. Seine Kolleg*innen und er sind bei gutem Wetter mit einer mobilen Kirchenbank in der City unterwegs und laden ein, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Oder sie schwingen sich in eine Rikscha und fahren Menschen kostenlos von A nach B. Tausch: „So schenken wir Menschen Zeit und, wenn sie möchten, auch Gehör.“

Leseoasen mit WLAN

Auch die Stadt- und Landesbibliothek steht allen offen. „Die Menschen haben sich diesen Ort zu ihrem Dritten Ort gemacht“, sagt Dr. Stefan Mühlhofer, Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe. Denn die Bibliothek ist längst viel mehr als nur ein Ort, an dem Menschen Bücher ausleihen. Menschen allen Alters suchen hier einen ruhigen Platz zum Lernen und Arbeiten und Hilfe bei allem, was heute nur noch digital funktioniert. „Die Bibliothek bietet technische Möglichkeiten, die schlichtweg nicht alle Menschen haben“, so Mühlhofer. „Arbeitstische, kostenfreies WLAN und die ganze Bibliotheksinfrastruktur.“ Die rund 320 Plätze sind in der Regel voll belegt.

Kontemplation mit kühlem Kopf

Die großen evangelischen Stadtkirchen haben einiges zu bieten: als Denkmäler, Schatzkammern und Orte der Stille. An heißen Sommertagen bieten die dicken Mauern noch etwas Wichtiges: Kühlung. St. Marien, St. Petri und St. Reinoldi stehen zu ihren Öffnungszeiten allen Menschen offen. Daneben gibt es offene Andachten, auch zu aktuellen Anlässen. Hier kommen Menschen miteinander ins Gespräch.

Dafür sorgt ebenso der gläserne Anbau neben der Reinoldikirche, das Stadtkirchenforum. „Da ist immer viel los“, berichtet Mark Fäth vom Evangelischen Kirchenkreis Dortmund. „Hier treffen sich Menschen, die an einem Turmaufstieg auf St. Reinoldi teilnehmen möchten, oder Schulklassen, die sich die Kirche und ihre Geschichte erklären lassen wollen. Es ist ein Ort mitten in der Fußgängerzone, an dem Fragen gestellt werden können, egal worum es geht.“ In allen drei Kirchen finden zudem Konzerte und kostenlose Bildungsveranstaltungen statt.

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